Leseprobe Wie Wünsche im Wind

1

„Sieh dir das an.“ Lilli Tauber hielt ihrer Freundin Miriam einen blauen Zettel vor die Nase.

„Was ist das?“

„Lies einfach.“

Miriam griff nach dem bemalten Papier und drehte es um. Ihre Stirn legte sich in Falten.

„Was hältst du davon?“, wollte Lilli ungeduldig wissen.

„Meinst du, das war seine Idee?“

„Keine Ahnung, aber ich denke schon.“

Lilli nahm den Zettel wieder an sich. Stumm las sie ihn noch einmal. Ihr Sohn Emil hatte ihn vor ein paar Tagen aus dem Kindergarten mit nach Hause gebracht. Es war ein Wunschzettel für seinen Geburtstag. Er hatte ihn seiner Mutter stolz überreicht. Seine Augen hatten hoffnungsvoll geleuchtet. In dem Moment war Lilli überzeugt gewesen, ihm jeglichen Wunsch zu erfüllen. Bis sie gelesen hatte, was auf dem Zettel stand. Eine der Erzieherinnen hatte oben die Worte: Mein 5. Geburtstag, was ich mir wünsche, notiert. Darunter stand nur ein einziges Wort in kindlicher Handschrift: PAPA.

„Was hast du jetzt vor?“

„Ich muss mir überlegen, wie ich meinem Sohn schonend beibringe, dass er nie erfahren wird, wer sein Vater ist. Wie erklärt man das einem Fünfjährigen?“

Lilli nippte an ihrer Cola und sah hinaus in den Garten. Emil und Anton, der Sohn von Miriam, spielten im Baumhaus Cowboy und erschossen unsichtbare Eindringlinge. Die beiden trennten vom Alter her zwei Jahre, aber da sich Miriam und Lilli sehr nahestanden, waren sie fast wie Geschwister aufgewachsen.

Die beiden Frauen hatten sich vor elf Jahren zufällig im Fitnessstudio kennengelernt. Die Chemie hatte vom ersten Augenblick an gestimmt. Während der Sport irgendwann wieder in den Hintergrund gerückt war, hatte sich ihre Freundschaft weiter gefestigt. Heute konnte sich Lilli ein Leben ohne ihre Freundin nicht mehr vorstellen. Sie waren wie ein altes Ehepaar, und in guten und schlechten Zeiten füreinander da. Die schlechten hatten sie zum Glück schon eine Weile hinter sich gelassen.

Vielleicht fiel es Lilli deshalb so schwer, über die Zeit damals nachzudenken. Emils Existenz und das Fehlen eines Mannes an ihrer Seite war für sie so selbstverständlich geworden, dass sie sich keine Gedanken darüber machte, wie sich ihr Sohn fühlte. Sie waren ein Team und ihr Gefühl sagte ihr, sie brauchten niemanden sonst in ihrem Leben. Aber war das Emil gegenüber fair? Das alles waren ihre Worte, nicht seine. Andererseits war er fünf und verstand vieles noch nicht. Sie war seine Mutter, sie wollte ihn schützen und dazu gehörte, dass sie Entscheidungen traf.

„Und wenn du es einfach versuchst?“

„Was?“ Lilli hatte nicht zugehört.

„Na, ihn suchen.“

Miri hatte den Blick ebenfalls den Jungs zugewandt. Jetzt sah sie ihre Freundin an.

„Meinst du das ernst? Kein erhobener Zeigefinger? Kein, ich habe damals schon gezweifelt, ob es eine gute Idee ist?“

„Ja, ich hatte meine Zweifel. Trotzdem habe ich dich immer unterstützt. Niemand von uns konnte in die Zukunft sehen.“

„Nein, du hast recht. Ich will auf deine Meinung auch gar nicht verzichten.“ Sie legte sogar Wert darauf. Und wenn man die Wahrheit hören wollte, musste man nun mal auch mit Gegenwind rechnen. Für jemanden wie Miri, der Mann und Kind förmlich in den Schoß gelegt worden waren, war es nicht leicht gewesen, sich in Lillis Situation hineinzuversetzen. Markus war ihre Jugendliebe. Gemeinsam hatten sie sich ein Reihenhaus gekauft. Irgendwann kam der Wunsch nach einem Kind und Miri wurde schwanger. Nichts davon ähnelte auch nur annähernd Lillis Leben. Sich damit abzufinden, war Lilli nicht leichtgefallen. Ihr Plan geriet deshalb nicht nur einmal ins Wanken. Aber der Wunsch nach dem Muttersein war größer gewesen als alle Zweifel zusammen.

„Aber wie soll das gehen? Ich habe mich für einen anonymen Spender entschieden. Warum sollte ich ihn suchen, wenn er gar nicht gefunden werden will?“

„Vielleicht sieht er es heute anders und freut sich.“

Lilli schlug die Beine übereinander und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. „Nein, darüber will ich nicht nachdenken. Emil ist in der Hinsicht sehr sensibel.“

„Kannst du es ihm verdenken? Er ist ein Junge, er braucht eine Vaterfigur. Deine letzte Beziehung ist ewig her.“

„Genau deshalb, weil ich nicht will, dass er wieder verletzt wird. Er hat Ralf vergöttert und der hat nichts Besseres zu tun, als sich zu verpissen. Nein, die Kerle können mir alle gestohlen bleiben. Und als Aushilfspapa macht sich dein Markus hervorragend.“

„Mag sein, aber denk mal drüber nach. Wir leben im digitalen Zeitalter, und dank der vielen sozialen Netzwerke findet man doch so gut wie jeden.“

Lilli seufzte und stand auf, um den Tisch abzuräumen. Im nächsten Moment begann ihr Sichtfeld zu flimmern. Halt suchend griff sie nach der Stuhllehne.

„Alles klar?“

„Ja, mir war nur schwindelig.“

„Bei der Hitze kein Wunder.“

Später am Tag saß sie erschöpft auf der Couch. Emil war am Ende völlig überdreht gewesen. Nur mit Mühe hatte sie ihn dazu bewegen können, sich ins Bett zu legen. Dreimal war er wieder im Wohnzimmer aufgetaucht, bis der Schlaf ihn übermannt hatte.

Lilli dachte an das Gespräch vom Nachmittag. Natürlich war es schön gewesen, Ralf bei sich zu haben, seine Unterstützung zu genießen. Aber sie konnte Emil bei keinem Mann die Garantie geben, dass er diesmal für immer blieb. Sie fand die Vorstellung furchtbar, dass er zu jemandem eine Beziehung aufbaute und dieser dann eines Tages wieder verschwand. Wie könnte sie ihrem Kind so ein Auf und Ab antun, wenn es sie selbst emotional runterzog? Trotzdem ging ihr Emils Wunsch nicht aus dem Kopf.

Damals hatten zwei Möglichkeiten zur Auswahl gestanden. Ein offener Spender willigte ein, seine Daten auf Nachfrage herauszugeben. Ein Spenderkind hatte so die Möglichkeit, sobald es das achtzehnte Lebensjahr vollendet hatte, seinen leiblichen Vater kennenzulernen. Bei einer anonymen Spende war genau das nicht möglich. Weder Mutter noch Kind hatten ein Recht auf Informationen über den Spender.

Lange hatte sich Lilli darüber Gedanken gemacht. Gab sie ihrem Kind diese Möglichkeit? Aber was geschah, wenn sich der Typ als totaler Versager herausstellte? War es da nicht besser, nie etwas über ihn zu erfahren, als eine große Enttäuschung verkraften zu müssen?

Sie konnte nicht in die Zukunft schauen und nicht wissen, wie Emil einmal darüber denken, und ob er ihr vielleicht Vorwürfe machen würde. Lilli hatte eine Entscheidung treffen müssen, auch wenn sie sich später möglicherweise als falsch herausstellte. Also hatte sie ihrem Instinkt vertraut und sich für den anonymen Spender entschieden. Das Einzige, was sie je über ihn wissen würde, waren seine Hautfarbe, Größe und Gewicht, Augenfarbe, Haarfarbe und sein Beruf. Er war technischer Zeichner. Das klang im ersten Moment nicht sehr aufregend. Im zweiten eigentlich auch nicht, aber solide und bodenständig und setzte einen gewissen IQ voraus.

Ihre Mutter hatte schon damals all ihre Bedenken geäußert. Nach der ersten Freude über ein Enkelkind kam der Schock. Weil es für Lilli die perfekte Lösung gewesen war, ohne Partner ein Kind zu bekommen, hatte sie ihren Eltern ohne Hemmungen erzählt, wie es zu der Schwangerschaft gekommen war. Allerdings hatte sie dabei vergessen, dass eine andere Generation vor ihr stand und ihre Eltern schon ein Leben lang in einem kleinen Dorf auf dem Land wohnten. Dort wusste der eine, was der andere zum Abendbrot gegessen hatte. Dort war es auch wichtig, was die Leute von einem hielten. Und wer wollte schon, dass über die eigene Familie geredet wurde? Lillis Eltern gehörten nicht dazu. Diese Erfahrung musste sie bereits in jungen Jahren machen. Umso erstaunter war sie, als sie ihr das Angebot machten, zu ihnen ziehen zu können.

Das Ehepaar Tauber besaß ein eigenes Haus mit großem Garten. Die Wohnung im oberen Stockwerk war nicht riesig, aber sie bot genügend Platz für Lilli und ihren Sohn Emil. Durch die Unterstützung der Eltern konnte sie auf einen teuren Krippenplatz verzichten, und Emil durfte wesentlich behüteter aufwachsen als in der Stadt. Trotzdem haderte sie lange mit sich. Ging das Für und Wider durch. Wollte sie in erneute Abhängigkeit ihrer Eltern rutschen? Konnte sie es nicht auch allein schaffen? Sie hatte Miri an ihrer Seite. Es wäre zu schaffen gewesen. Doch welche Differenzen auch immer zwischen Lilli und ihren Eltern standen, sie blieben ihre Eltern. Deshalb nahm sie sich fest vor, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Ihnen eine Chance zu geben. Eine Chance auf ein vertrauensvolles Miteinander. Eine Chance, als Familie unter einem Dach zu leben.

Wie ihre Eltern wohl reagierten, wenn sie eine Suche nach Emils Vater starten würde?

In dieser Nacht schlief Lilli schlecht und wachte mit heftigen Kopfschmerzen auf. Das Gespräch mit Miri ließ sie zusätzlich nicht in Ruhe. Da zurzeit Kindergartenferien waren, blieb Emil bei seiner Oma, während sie einkaufen fuhr. In zwei Tagen war Emils großer Tag, er wurde fünf. Lilli konnte es kaum glauben. Sie hatten vor, mit der Familie zu feiern. Außerdem waren Miri und Markus mit Anton und Alma und Janosch mit Luca eingeladen. Ihre beiden besten Freundinnen mit ihren Familien. Zufälle hatten dazu geführt, dass sich ihre Wege vor einigen Jahren kreuzten. Erst war es der von Miri gewesen und später, wozu private Autoverkäufe doch alles gut waren, der von Alma.

Damals fanden sie es sehr lustig, dass alle drei Jungs zur Welt gebracht hatten. Heute war es ein Segen. Nicht nur, weil sie zu klein gewordene Kleidung weiterreichen konnten. Die drei waren richtig gute Freunde geworden, obwohl oft der eine mehr Flausen im Kopf hatte als der andere.

Lilli konzentrierte sich wieder auf die Einkaufsliste in ihrer Hand und sauste zielstrebig durch die Gänge.

Da der Wetterdienst weiterhin nur Sonnenschein vorhergesagt hatte, begann sie den Garten mit Luftballons, Lampions und Luftschlangen zu dekorieren. Natürlich alles in Rot, Blau, Gelb und Schwarz. Emil stand gerade total auf Captn Sharky. Lilli war glücklich, wenn sie ihm eine Freude bereiten konnte, und seine leuchtenden Kinderaugen erwärmten ihr Herz. Wenn sich dann noch seine kleinen Arme kräftig um ihren Hals schlangen, war sie jedes Mal entsetzt, dass es Emil beinahe nicht gegeben hätte.

2

Sie war damals fünfunddreißig, als sie sich eingestehen musste, dass das Leben einem nicht immer das schenkte, was man sich wünschte. Sie hatte schon sehr früh gewusst, dass sie Mutter werden wollte. Und wie viele andere hatte sie eine genaue Vorstellung davon gehabt. Vom perfekten Mann, der perfekten Hochzeit und der perfekten kleinen Familie. Als der Wunsch in ihr keimte, war sie jung, hatte alle Zeit der Welt. Aber die Zeit blieb nicht stehen und wartete darauf, dass sich Träume erfüllten. Sie tickte weiter, unaufhaltsam und manchmal schneller als einem lieb war. Mit fünfunddreißig hatte sie die Suche nach dem perfekten Partner und dem Vater ihrer Kinder aufgegeben. Vielleicht gab es ihn irgendwo dort draußen, aber sie wollte nicht mehr warten. Sonst war ihre Zeit abgelaufen, denn das Verfallsdatum der biologischen Uhr rückte unaufhaltsam näher.

Der Wunsch nach einem Baby wuchs. Es war ein schleichender Prozess. Wie ein Samenkorn, das der Wind herangetragen hatte. Es blieb hängen, keimte langsam und wurde zu einem Baum mit tiefen Wurzeln, der unerschütterlich jedem Widerstand trotzte.

Sie erinnerte sich, wie sie Abend für Abend damit zubrachte, sich zu überlegen, welche Möglichkeiten des Kinderkriegens in Betracht kamen. Denn nur, weil der Partner fehlte, hieß das natürlich noch lange nicht, dass man als Frau seinen Kinderwunsch nicht in Erfüllung gehen lassen konnte.

Ihre Gedanken führten sie damals zur Möglichkeit eines One-Night-Stands. Der Vorteil: Das Kind würde auf natürlichem Weg gezeugt. Nachteil: Ein einziger One-Night-Stand würde sicher nicht reichen. Also hätte sie sich durch einige Betten schlafen müssen, um das Ziel zu erreichen. Am Ende wäre eine Geschlechtskrankheit wahrscheinlicher gewesen, als ein positiver Schwangerschaftstest. Einen schwulen besten Freund, das Allheilmittel in so ziemlich jeder amerikanischen Soap, gab es nicht.

Am Ende blieb nur eine einzige vernünftige Lösung: eine künstliche Befruchtung. Tagelang saß sie am Computer. Googelte sich durch das Internet. Presseberichte, Fachartikel, Erfahrungen von Betroffenen, Forum über Forum.

In einer Fruchtbarkeitsklinik in Dänemark sollte ihr Traum wahr werden. Voller Euphorie und Enthusiasmus ließ sie die Untersuchungen über sich ergehen. Ihr wurde bewusst, wie wenig schwanger zu werden mit Liebe und Spaß, sondern viel mehr mit Biologie, Medizin und einer immensen Portion Glück zu tun hatte. Der erste Versuch blieb erfolglos. Auch wenn sie damit hatte rechnen müssen, traf es sie tief. Aber diese Erfahrung hielt sie nicht davon ab, ihr Ziel weiter zu verfolgen. Doch das zweite Mal misslang ebenfalls. Erste Zweifel, den richtigen Weg gewählt zu haben, kamen auf. Sie benötigte Bedenkzeit, haderte mit sich, quälte sich mit negativen Gedanken und entschied sich am Ende dennoch für einen dritten Anlauf.

Zum Glück, denn das Ergebnis winkte ihr gerade von seinem Baumhaus aus zu.

Der Kindergeburtstag war ein voller Erfolg, und dank zahlreicher Geschenke hatte Emil seinen eigentlichen Wunsch mit keinem Wort mehr erwähnt. Inzwischen war wieder Kindergarten, Lilli arbeitete, und alles ging seinen gewohnten Gang. Na ja, fast alles. Denn auch wenn Emil den Gedanken an seinen Vater fürs Erste beiseite geschoben hatte, war das Thema noch lange nicht aus der Welt. Es würde wiederkommen, und irgendwann würde ihn kein Spielzeug der Welt mehr ablenken können. Und weil sie wollte, dass ihr Sohn glücklich war, wollte sie später zumindest sagen können: Ich habe es versucht.

Außerdem hatte sich Lilli über eine entscheidende Sache bis vor Kurzem noch gar keine Gedanken gemacht. Was war, wenn ihr etwas zustieß? Ja, sie war jung und ihr blieb auf diesem Planeten noch eine Menge Zeit. Aber was, wenn nicht? Es wäre egoistisch, Emil allein zurückzulassen, obwohl irgendwo auf dieser Welt sein Vater lebte. Ihr blieb also keine Wahl, als mit der Suche zu beginnen.

 und Sie können wirklich keine Ausnahme machen?“

„Frau Tauber, wie ich Ihnen bereits sagte, ist es uns nicht erlaubt. Sie haben damals Ihre Entscheidung getroffen, und wir müssen die Interessen unserer Kunden wahren. Glauben Sie mir, Sie sind nicht die Einzige, die mit diesem Wunsch an uns herantritt. Es tut mir leid.“

Lilli legte auf und starrte an die Wand ihr gegenüber. Wäre auch zu einfach gewesen. Was jetzt? Egal, was geschah, sie glaubte, es war besser, ihre Eltern im Vorfeld über ihren Plan zu informieren.

Die beiden saßen in ihrem kleinen Wintergarten. Entgegen dem Wetterbericht waren die vergangenen Tage ziemlich verregnet gewesen, und in den Nächten fielen die Temperaturen auf unter zehn Grad. Für Mitte August gab es durchaus wünschenswerteres Wetter. Aber hier, hinter den großen Glasfenstern, war es mollig warm. Ihre Mutter saß in ihrem Schaukelstuhl und las ein Buch, während sich ihr Vater einem Sudoku-Rätsel widmete. Einen Moment stand Lilli nur still dort und betrachtete ihre Eltern. Beide waren Ende sechzig, Achim Tauber wurde in zwei Jahren siebzig, seine Frau Christa das Jahr darauf. Bisher hatte Lilli die Gegenwart ihrer Eltern als natürlich angesehen, aber in den vergangenen Wochen hatte sie viel über das Leben nachgedacht, und dass man nichts als selbstverständlich hinnehmen sollte. Natürlich waren sie in einem Alter, das heutzutage kein Grund mehr war, um in Panik auszubrechen. Sie konnten noch viele schöne gemeinsame Jahre vor sich haben. Ihnen ging es gut, sie wirkten zufrieden. Lilli hoffte sehr, dass das noch für eine sehr lange Zeit so blieb.

„Darf ich euch kurz sprechen?“

Die beiden sahen auf, und über Christas Gesicht glitt ein Lächeln. Sie legte ihr Buch zur Seite und setzte die Lesebrille ab. „Immer, das weißt du doch. Setz dich, mein Schatz.“

„Ich habe nachgedacht. Über Emil, vielmehr über seinen Vater.“ Lilli sah die beiden dabei nicht an und blieb an einem der Fenster stehen. „Ich will versuchen, ihn ausfindig zu machen.“ Jetzt drehte sie sich doch um.

Nun hatte sie auch die Aufmerksamkeit ihres Vaters. Man sah es den Gesichtern ihrer Eltern an, dass sie damit nicht gerechnet hatten. Sie kannten Lillis bisherige Einstellung zu dem Thema. Nie hatte sie den Eindruck hinterlassen, einmal anders darüber zu denken. „Hier geht es nicht um eine Kurzschlussreaktion, also versucht nicht, es mir wieder auszureden. Ich wollte euch lediglich vorwarnen. Zwei Dinge haben mich dazu bewogen, meine Meinung zu ändern.“ Lilli zog den blauen Wunschzettel von Emil aus der Gesäßtasche und hielt ihn ihrer Mutter hin. Nachdem auch ihr Vater ihn gelesen hatte, setzte sie sich zu ihnen. „Es gibt da noch etwas, das ihr wissen solltet.“ Und dann vertraute sie ihnen ein kleines Geheimnis an, von dem außer Lilli selbst bisher niemand wusste und auch nicht wissen sollte. Einzig ihre Eltern hatten ein Recht, davon zu erfahren.

Am Ende des Gesprächs war Mutter Christa zwar weiterhin nicht überzeugt von dem Vorhaben ihrer Tochter, aber sie würden ihr nicht im Weg stehen. Es war nicht darum gegangen, sich ihren Segen einzuholen. Den brauchte Lilli nicht.

„Ich hab hier was gefunden. Es nennt sich Family Tree-DNA.“ Lilli klickte auf die Überschrift und las den erscheinenden Text quer. „Ach, ich weiß nicht.“

„Zeig mal her.“ Miri nahm ihr den Laptop ab und legte ihn sich auf den Schoß.

Alma stand von ihrem Sessel auf und lehnte sich hinter Miri auf die Sofalehne. „Einen Versuch ist es wert“, meinte sie, nachdem ihr Blick ebenfalls über die Internetseite geflogen war.

„Der Meinung bin ich auch. Ehrlich, was hast du zu verlieren?“ Miri sah Lilli entschlossen an.

„Es ist reine Zeitverschwendung. Ihr werdet schon sehen.“

„Ein bisschen mehr Optimismus bitte.“ Miri boxte ihrer pessimistischen Freundin in die Seite.

„Genau, du tust es doch für Emil“, meinte Alma aufmunternd.

„Ihr seid gnadenlos“, gab sich Lilli geschlagen.

Es war Freitagabend. Ihr Abend. Mit DVD, Schokolade und einer dezenten Portion Alkohol. Im Gegensatz zum sportlichen Termin im Fitnessstudio schafften sie diesen jede zweite Woche ohne größere Schwierigkeiten.

Alma kam hinter dem Sofa vor und setzte sich neben Lilli. Miri, auf der anderen Seite, legte den Laptop zurück auf den Tisch. Im nächsten Moment umarmten die beiden Lilli. Ein Freundinnen-Sandwich sozusagen. Sie schloss die Augen und dankte wem auch immer da oben herzlich für diese Frauen in ihrem Leben.

Bis auf die dunkle Haarfarbe konnten sie optisch unterschiedlicher nicht sein. Auch im Charakter gab es deutliche Differenzen. Vielleicht war es genau diese Mischung, die sie zusammenschweißte.

Miri war etwas größer als Lilli, also gut einen Meter fünfundsiebzig. Sie hatte sehr kurzes Haar und dazu tolle große, blaue Augen. Ihre Figur beschrieb sie selbst als eine typische Birnenform. Was am Hintern zu viel war, hatte sie vorne herum zu wenig. Doch auch wenn in ihren Augen die Proportionen nicht sinnvoll verteilt waren, ihr Herz saß am rechten Fleck. Sie war ein absolut ehrlicher Mensch. Das durfte jeder hören, auch wenn man es manchmal lieber nicht hören wollte. Aus der Ruhe brachte sie zudem so schnell nichts.

Mit der Ruhe hatte Alma dafür so ihre Probleme. Sie war nur knapp einen Meter fünfundfünfzig groß, machte das aber durch ihre Ausstrahlung wieder wett. Ihre Mama war gebürtige Spanierin und hatte ihrer Tochter fantastische schwarze Haare und den bronzefarbenen Teint eines Südländers vererbt. Sie war energiegeladen, und trotzdem auf ihre Weise schüchtern. Eine heiße Kombination. Von ihrer Figur mal ganz zu schweigen, eindeutig keine Birne.

Tja, und Lilli? Sie war wohl von allem ein bisschen. Sie gab es in ruhig und besonnen, genauso wie in temperamentvoll und fluchend. Bei ihr war hinten und vorne ziemlich ähnlich verteilt. Eher eine gerade gewachsene Banane, wenn man beim Obst bleiben wollte. Nur die Hülle war nicht mehr ganz so fest, wie sie es gerne gehabt hätte.

Vierzehn Tage später, an ihrem üblichen Freitagabend, gab es nur ein Gesprächsthema.

„Ich wusste, das wird nichts. Warum sollte sich der Typ da registrieren, wenn er doch anonym bleiben will?“

„Du unterstellst ihm, dass er seine Meinung nicht ändern darf. Emil ist fünf. Das ist im Prinzip eine kleine Ewigkeit. Menschen ändern sich.“ Miri sah sie mit durchdringendem Blick an.

Lilli schwenkte den Wein im Glas hin und her und beobachtete, wie das Licht der Deckenlampe darin reflektierte. „Es spielt keine Rolle, welcher Meinung er heute ist. Registriert ist er jedenfalls nicht.“ Resigniert klammerte sie die Arme um ihre angewinkelten Beine. „Dabei wollte ich Emil doch nur seinen einzigen Wunsch erfüllen, bevor “ Sie stockte abrupt.

„Bevor was?“, fragten Miri und Alma wie aus einem Mund.

„Bevor er alt genug ist, um mir Vorwürfe zu machen.“ Lilli räusperte sich. „Ich brauche noch mehr Wein.“

In der Küche überfiel sie ein Schwindel. Schnell setzte sie sich.

„Gehts dir gut?“

Sie hatte nicht bemerkt, dass Miri hinter ihr hergekommen war und sah erschrocken auf.

„Keine Ahnung. Vielleicht habe ich mehr Hoffnung in die Sache hineingesetzt, als ich zugeben will. Ich konnte die letzten beiden Wochen an nichts anderes mehr denken. Es verfolgt mich bis in meine Träume.“

„Hast du deswegen so abgenommen?“ Miri sah ihre Freundin kritisch und ein wenig besorgt an.

„Das Ganze schlägt mir eben auf den Magen.“

„Warum ist es dir plötzlich so wichtig? Du hast immer eine andere Meinung dazu vertreten, und jetzt reibst du dich dafür auf. Glaubst du wirklich, dein Sohn könnte dich hassen, wenn du ihm keinen Vater präsentieren kannst?“

Lilli stand auf, um ihr auf Augenhöhe gegenübertreten zu können. „Stellst du meine Entscheidungen infrage?“

„Nein.“

„Klingt aber so. Außerdem warst du diejenige, die eben noch darauf hingewiesen hat, dass Menschen ihre Meinung ändern dürfen.“

„Es spricht nichts dagegen, und ich verstehe, dass Emils Wunsch dich verunsichert. Aber als du mir davon erzählt hast, und das ist noch nicht lange her, warst du nicht begeistert von der Idee, ihn zu suchen.“

„Stimmt, und ich bin es immer noch nicht. Aber es geht nicht um mich. Es geht um Emil. Und weil du meine Freundin bist, solltest du hinter mir stehen, auch wenn ich alle fünf Minuten meine Meinung ändere.“

„Ich stehe hinter dir und das weißt du. Wenn ich deine Freundin bin, darf ich aber auch sagen, was ich denke.“

„Davon konnte ich dich noch nie abhalten.“

„Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.“

Der Schwindel kam wieder. „Tut mir leid, ich will nicht streiten.“

„Prima, ich nämlich auch nicht.“

Sie drückten sich und gingen zurück zu Alma ins Wohnzimmer. Diese saß mit nachdenklichem Blick auf der Couch.

„Es ist vielleicht nicht der passende Zeitpunkt, aber ich wollte euch gern als Erste einweihen.“ Alma räusperte sich. „Also, ich bin wieder schwanger.“

Endlich mal tolle Neuigkeiten. Der kleine Streit, und auch die Suche nach dem Besitzer des Siegerspermiums, waren sofort Nebensache. Nicht nur Lilli hatte ihre Probleme, auch an den anderen war das Leben in den vergangenen Jahren nicht spurlos vorübergegangen.

Almas Sohn Luca war ein knappes halbes Jahr älter als Emil. Für Alma und ihren Mann Janosch hatte immer festgestanden, dass sie weitere Kinder wollten. Es dauerte auch nicht lange, da war sie erneut schwanger. Leider verlor sie das Baby innerhalb der ersten drei Monate. Auch das nächste durfte sie nicht behalten. Ihr ging es in dieser Zeit ziemlich schlecht. Deshalb entschieden die beiden, zu warten. Tatsächlich hatte Lilli, auch wenn sie es sich für die beiden wünschte, nicht mehr mit einem guten Ende gerechnet.

„Die ersten drei Monate sind um. Diesmal sieht es gut aus. Ich will mich nicht zu früh freuen, aber ich bin optimistisch, dass alles gut geht.“

„Na klar geht es das. Du wirst sehen. Ratzfatz haltet ihr euren kleinen Engel im Arm.“ Lilli nahm Alma in den Arm.

„Das sehe ich genauso“, pflichtete Miri ihr bei.

Außer Freude war in ihrem Gesicht nichts zu erkennen. Auch sie hätte gern ein zweites Kind bekommen. Doch die Baufirma ihres Mannes Markus war eine Weile ziemlich schlecht gelaufen. Er musste zwar keine Insolvenz anmelden, aber natürlich wirkte es sich finanziell aus. Um ihr Häuschen behalten zu können, fing Miriam wieder an zu arbeiten, eine Zeit lang sogar Vollzeit. Sie hätten das Haus verkaufen können, aber das kam für sie nicht infrage. Ein zweites Kind war deshalb nicht möglich. Inzwischen ging es ihnen wieder gut, aber Miri war einundvierzig. Und nach der Geschichte mit Alma, die die Freundinnen hautnah miterlebt hatten, wollte sie das Risiko einer späten Schwangerschaft nicht eingehen. Lilli glaubte, sie genoss es auch, dass Anton mit seinen sieben Jahren bereits eine gewisse Selbständigkeit erlangt hatte, was ihr und Markus zu mehr Zweisamkeit verhalf. Manchmal meinte man, sie wären frisch verliebt. Sie waren eine Inspiration für jeden Zweifler.

Später lag Lilli allein in ihrem Bett. Aufgrund des Alkohols verzichtete sie auf die eigentlich notwendige Tablette. Sie wusste, dass deshalb wahrscheinlich die Kopfschmerzen kommen würden, aber das war immer noch besser als unerwünschte Nebenwirkungen. Trotzdem legte sie die Tablette für den Notfall auf den Nachttisch und stellte ein Glas Wasser dazu.

Bevor sie ins Bett gegangen war, hatte sie einen Blick in das Zimmer ihres Sohnes geworfen. Er lag völlig verdreht zwischen seiner Decke, aber er sah so friedlich aus, dass sie ihn nicht hatte berühren wollen. Nie hätte sie geglaubt, zu solch intensiven Gefühlen fähig zu sein, aber Mutterliebe war überwältigend.

„Ich werde deinen Vater finden“, flüsterte sie in die Dunkelheit hinein. „Ich verspreche es dir.“

Was blieb, war die Frage nach dem Wie. Wie fand man einen Menschen, der unsichtbar war? Diese DNA-Datenbank war eine Sackgasse gewesen. Doch egal wohin sie schaute, nirgends sah sie einen Weg, der sie ihrem Ziel näherbrachte.

„Hoppla. Nicht so stürmisch.“ Es war Montag. Lilli war dabei, nach einem freien Vormittag, Emil abzuholen.

„Entschuldigung, ich war nicht bei der Sache. Oje, hab ich Sie getroffen?“

Ein hochgewachsener junger Mann stand erschrocken vor ihr. Fast hätte er ihr die Eingangstür zum Kindergarten vor die Nase geschlagen. Zum Glück schien Lillis Reaktionszeit auch mit Anfang Vierzig noch relativ schnell zu sein.

„Nichts passiert.“

„Gott sei Dank.“ Einen Moment sah er sie prüfend an. Ob er sich vergewissern wollte, dass sich nicht doch gerade eine Beule auf ihrer Stirn bildete oder Blut aus der Nase tropfte?

Er hielt Lilli die Tür auf. Der entstehende Luftzug blies warmen Wind über sie hinweg. Lächelnd ging sie an ihm vorbei. „Danke.“ Jetzt war sie diejenige, die ihn musterte. Sie benötigte einen Moment, um ihn zuzuordnen, aber dann fiel es ihr wieder ein. Die dunklen Augen, die weichen Züge seines Gesichts. „Ach, hallo. Fast hätte ich Sie nicht erkannt. Lietz, richtig? Beim letzten Mal war Ihr Gesicht ziemlich zugewachsen.“ Schmunzelnd erinnerte sie sich. Man könnte meinen, er wäre der persönliche Pressesprecher des Kindergartens. Immer dann, wenn es etwas gab, was interessant genug war, um in der Zeitung zu landen, tauchte er auf.

„Patrick Lietz, richtig. Sie erinnern sich.“ Die Erkenntnis schien ihn zu erfreuen. „Ja, da ging es um die Weihnachtsaufführung, die Sie mit den Kindern auf die Beine gestellt haben. Tolle Sache. Naja, und der Bart war irgendwie nichts für mich.“

„Stimmt, wir hatten eine Menge Spaß.“ Kurz dachte Lilli an vergangenen Winter. Ein paar Mütter, sie eingeschlossen, hatten geholfen, ein kleines Weihnachtsmärchen auf die Beine zu stellen. Es wurde dann in der Kita und in zwei Seniorenheimen aufgeführt. „Unglaublich, dass schon wieder bald ein Jahr um ist. Was führt Sie denn dieses Mal hierher?“

„Ich besuche die ersten drei Gewinner der Spendenaktion, die von der Sparkasse ausgerichtet worden ist.“

„Richtig, habe ich schon gar nicht mehr dran gedacht.“ Lilli hob die Hand zum Gruß und wollte weiter.

„Ach, ich habe die Leiterin vorhin gar nicht gefragt. Gibt es dieses Jahr eine neue Aufführung?“

„Nein, der Kindergarten organisiert einen Flohmarkt.“

„Sie haben nicht zufällig nähere Informationen darüber?“

„Ich bekomme die Dinge auch nur am Rande mit.“

„Ein paar Infos sind besser als gar keine.“

Hartnäckig war er. Lilli überlegte einen Moment. „Okay, ich hole nur eben meinen Sohn, dann können wir kurz reden.“

„Perfekt. Ich warte hier.“

Er ließ die Tür los. Diese glitt geräuschlos zu. Mit leuchtenden Augen und einem offenen Lächeln blickte er Lilli durch die Glasscheibe hindurch an. Hübscher Bursche, dachte sie im Stillen. Da wünscht man sich glatt noch einmal zwanzig zu sein.

Emil war so vertieft in das Spielen mit der Eisenbahn, dass er seine Mutter nicht wahrnahm. Selbst als sie sich zu ihm hockte und liebevoll über den Rücken streichelte, sah er nicht auf.

„Emil, deine Mama ist da“, rief eines der Kinder und zeigte mit dem Finger auf Lilli.

„Hey Schatz, na los, du kannst morgen weiterspielen.“

Jetzt erst wandte er ihr den Kopf zu. Seine blauen Augen strahlten sie an. Trotzdem ließ er es sich nicht nehmen, den Zug in den Bahnhof zu fahren. Dann sprang er auf und rannte ohne ein weiteres Wort zu der kleinen Garderobe im Flur.

„Du kannst draußen noch ein wenig rutschen. Mama muss sich kurz unterhalten.“

„Mit wem?“

„Komm mit, dann zeig ich ihn dir.“

Anstandslos schlüpfte Emil in seine Sandalen. Lilli graute es vor der kalten Jahreszeit, wenn die Kinder wieder in dicke Jacken, Schal und Mütze gestopft werden mussten.

Draußen auf dem Kindergartengelände hatte sich Patrick auf einer Bank niedergelassen. Seine langen Beine ausgestreckt und mit geschlossenen Augen der Sonne zugewendet. Der Kies knirschte unter ihren Füßen, als sie näherkamen. Durch das plötzliche Geräusch aufgeschreckt, richtete Patrick sich auf und räusperte sich beschämt.

„Haben Sie Angst, ich verpetze Sie bei Ihrem Chef, weil Sie während Ihrer Arbeitszeit ein Nickerchen machen?“, fragte Lilli amüsiert.

„Eigentlich nicht. Ich hab nur gar nicht mitbekommen, dass ich weggedöst bin.“

„Meine Augen fallen auch immer zu. Ich will das nicht, aber es klappt nie“, kommentierte Emil die kurze Unterhaltung.

Patrick lachte. „Siehst du, mir geht es genauso. Die Augen machen, was sie wollen.“

Emil nickte begeistert. Dass ein Erwachsener die gleichen Probleme hatte wie er, gefiel ihm.

„Ich bin Patrick, und du?“

„Emil.“

„Gehst du gern in den Kindergarten?“

„Ja.“

„Ich fand es auch immer toll. Am liebsten habe ich mit den Treckern gespielt.“

„Ich habe ganz viele zu Hause. Willst du sie mal sehen?“

Lilli lächelte amüsiert. Emil war eigentlich kein Kind, dass sich Fremden gegenüber sofort öffnete. Vor allem Männern gegenüber war er eher scheu. Worüber sie im Grunde sehr froh war. Es mochte daran liegen, dass ihm die Erfahrung fehlte, weil ihm der Umgang weniger vertraut war. Vielleicht war es auch einfach eine allgemeine Skepsis. Egal was sein Verhalten am Ende auslöste, schaden konnte es nicht.

In diesem Fall spürte er wahrscheinlich Lillis entspannte Haltung Patrick gegenüber. Sie erinnerte sich, dass sie ihn schon bei der ersten Begegnung als sehr sympathisch empfunden hatte. In ihrem Kopf bildete sich ein Gedanke, den sie aber schnell wieder verwarf. Stattdessen erinnerte sie ihn an die Fragen, die er ihr stellen wollte. Emil lief indessen zur Rutsche, als er merkte, dass das Gesprächsthema wechselte.

Patrick holte Kugelschreiber und Notizblock, auf dem schon einiges notiert worden war, aus seiner Umhängetasche. Nach gut zehn Minuten stopfte er die Sachen zurück in die Tasche und lehnte sich zufrieden zurück.

„Ihnen gefällt Ihr Job, stimmts?“ Lilli lehnte sich ebenfalls an. Genoss die Sonne, die durch die Blätter der großen Kastanie hindurchschien und deren Strahlen die Nasenspitze kitzelten.

„Ja, tut er. Und er passt zu mir. Ich bin von Natur aus neugierig.“

„Recherchieren Sie auch noch für andere Dinge? Oder sind Kindergärten inzwischen Ihr Spezialgebiet?“

„Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen. Aber nein, ich mache alles Mögliche. Mal sehen, wo der Weg mich hinführt.“

„Darf ich fragen, wie alt Sie sind?“

„Fünfundzwanzig.“

„Oh, dann sind Sie genauso alt wie , egal. Nicht so wichtig. Aber schön, dass der Job Ihnen Freude bereitet.“

Zwei weitere Kinder rannten kreischend zu Emil an die Rutsche, während die dazugehörigen Mütter in einigem Abstand von Lilli und Patrick stehen blieben und sich unterhielten. Sie kontrollierte die Zeit auf ihrer Armbanduhr und richtete sich auf. „Ich muss langsam los.“

„Ich sollte mich auch auf die Socken machen.“ Träge erhob sich Patrick. „Und danke nochmal, dass Sie sich für mich Zeit genommen haben.“

„Sehr gern. Jederzeit wieder.“ Sie reichte ihm zum Abschied die Hand. Ein Gedanke, der wie eine Seifenblase an die Oberfläche trieb, ploppte auf. Lilli öffnete den Mund, nur um ihn wieder zu schließen. Nein, das war albern. Sie verrannte sich.

„Ist noch was?“, fragte Patrick, der ihr Zögern mitbekommen hatte.

„Nein, nichts. Bin gespannt auf den fertigen Bericht.“

„Ich kann Ihnen vorab einen Auszug schicken, wenn Sie wollen.“

„Nicht nötig. Aber haben Sie ein Kärtchen oder so für mich? Falls es mal wieder etwas zu berichten gibt?“

„Klar, gute Idee.“ Er kramte in seiner Tasche, die er sich inzwischen umgehängt hatte. „Hier, bitte. Jederzeit.“

Sie rief Emil, und zu dritt gingen sie zum Parkplatz. Während Lilli ihren Sohn anschnallte, startete Patrick bereits den Wagen. Als sie aus den Tiefen des Autos wieder hervorkroch und die Tür zuwarf, fuhr er hupend an ihr vorbei. Wirklich ein sympathisches Kerlchen, ging es ihr durch den Kopf. Gleichzeitig drängte der lästige Gedanke erneut in den Vordergrund. Er würde sie nicht loslassen. Sie kannte sich selbst zu gut. Heute Abend musste sie sich unbedingt Miris Meinung dazu anhören.

„Die Idee ist brillant. Sie könnte glatt von mir stammen.“

„Bist du sicher? Ich kenn ihn aber doch überhaupt nicht.“ Nachdenklich spielte Lilli mit einer Haarsträhne.

„Ich schätze, wenn du mit deiner Suche wirklich erfolgreich sein möchtest, musst du dich einem Fremden anvertrauen. Außerdem, ganz so fremd ist er dir doch nicht.“

„Ach, ich weiß nicht. Vielleicht ist das alles doch totaler Blödsinn.“

„Wenn du es für solchen Blödsinn halten würdest, hättest du mich nicht angerufen.“ Es raschelte kurz in der Leitung, dann sprach Miri mit vollem Mund weiter. „Du traust dich nur nicht.“

„Ich lass es mir noch mal in Ruhe durch den Kopf gehen.“

„Na bitte. Ich bin da, wenn du mich brauchst. Oh, Markus kommt nach Hause.“

„Jetzt erst?“

„Frag nicht.“ Miri klang plötzlich ziemlich angefressen.

„Okay, du weißt, wo du mich findest.“

„Dito.“

Lilli legte auf und kräuselte die Nase. Das war gerade wirklich merkwürdig. Ob zwischen Miriam und ihrem Mann alles in Ordnung war? Sollte sie als beste Freundin nicht wissen, wenn dem nicht so war? Gesagt hatte Miri kein Wort. Sie wirkte in letzter Zeit öfter etwas fahrig, aber dem hatte Lilli bisher keine weitere Bedeutung zugemessen. Also gleich zwei Dinge, um die sie sich kümmern sollte.

Da sie bei Miri an diesem Abend nichts mehr ausrichten konnte und sie zudem ihre Bedenken lieber Auge in Auge ansprechen mochte, blieb nur, die zweite Sache in Angriff zu nehmen.

Lilli zog das kleine Kärtchen aus dem Geldbeutel, das sie von Patrick, dem Journalisten, bekommen hatte. Ob die Idee wirklich so brillant war, wie Miri meinte? Lilli blieb skeptisch. Und doch war es ein Strohhalm, an den sie sich klammerte. Vielleicht der einzige Weg, der nicht gleich in einer Sackgasse enden würde.

Zwanzig Minuten später war sie soweit zufrieden mit dem Text, dass sie die E-Mail im Prinzip nur noch abschicken musste. Ihre Finger schwebten über der Enter-Taste. Sie hatte nicht alles preisgegeben, sich auf die notwendigen Informationen beschränkt. Und doch fühlte sie sich, als hätte sie sich vor Patrick entblößt. War es vernünftig, einen so jungen Menschen damit zu beauftragen? Machte sie sich mit Ihrer Frage am Ende womöglich lächerlich? Oder würde er der Mensch sein, der Emils Vater fand? Ihr war klar, sie würde es nicht erfahren, wenn sie es nicht wenigstens versuchte. Doch mit jeder Sekunde des Zögerns sank ihr Mut und entfernten sich die Finger von der entscheidenden Taste.

„Lilli? Kann ich kurz reinkommen?“

„Himmel, Papa, hast du mich erschreckt.“

„Tut mir leid, aber du hast auf mein Klopfen nicht reagiert.“

„Ich war abgelenkt. Oh Mist.“ Lillis Blick war von ihrem Vater zurück auf den Bildschirm gewandert. Vor lauter Schreck musste sie doch auf Enter gekommen sein. Der Text war verschwunden. Nein, er war noch da. Unter gesendete Nachrichten. Verdammt.

„Alles okay? Du bist ganz blass.“ Ihr Vater sah Lilli besorgt an.

„Ja, mir gehts bestens.“

„Dann bin ich beruhigt. Ach so, weshalb ich hier bin. Den Kleber, den du mir letztes Mal gegeben hast. Du hast nicht zufällig noch eine Flasche davon da?“

„Was treibst du denn damit? Ist eine deiner Modelleisenbahnen aus den Gleisen gesprungen?“

„So schlimm ist es zum Glück nicht.“

Lachend schüttelte Lilli den Kopf und stand auf. „Warte, ich hol dir eine Tube.“

Als ihr Vater gegangen war, um sich seiner Leidenschaft zu widmen, starrte sie minutenlang auf die Mail, die das digitale Postfach verlassen hatte. Dieser Patrick Lietz würde sie für übergeschnappt halten, dass sie ihn mit dieser Angelegenheit behelligte.

Bei Tagesanbruch, im Licht eines neuen Morgens, sah Lilli die Sache mit der E-Mail kein Stück entspannter. Sie hatte gehofft, dass mit dem Verschwinden der Dunkelheit auch die Gedankenflut abebbte. Dass der Tag sie klarer sehen ließ und die Panik mit sich fortnahm. Aber nein, nichts davon war der Fall. Im Minutentakt kontrollierte sie das Handy auf eingegangene Mails. Bisher war alles ruhig. Beruhigend wirkte der Umstand jedoch nicht auf sie.

So plätscherte der Morgen dahin. Je mehr Zeit verging, desto größer war die Hoffnung, dass Patrick ihre Worte vielleicht gar nicht bekommen hatte. Als sie nach Arbeitsende in die Hauseinfahrt bog, war sie schon fast fest davon überzeugt. Noch nicht ganz ausgestiegen, hörte sie jemanden ihren Namen rufen.

„Ja, die bin ich. Wer will das wissen?“ Lilli drehte sich um und blinzelte etwas unbeholfen in die Sonne.

„Schumann, von der Presse. Wie ich erfahren habe, können Sie unsere Hilfe gebrauchen.“

„Könnte ich das? Wer hat Ihnen das denn gesagt?“

„Spielt das eine Rolle?“

„Nein, eigentlich nicht. Denn ich brauche keine Hilfe.“

Herr Schumann von der Presse grinste selbstgefällig und entblößte dabei zwei Reihen nikotingetränkter Zähne. Wenn er Lilli nicht vorher schon aufgrund seines sensationsgierigen Blickes und seiner Seitenscheitel-Gelfrisur unsympathisch gewesen wäre, spätestens jetzt hätte er alle Trümpfe, ihn unausstehlich zu finden, ausgespielt.

„Sind Sie sicher?“

„Ganz sicher. Sie entschuldigen mich.“ Sie schob sich an ihm vorbei und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass sie am liebsten fluchtartig im Haus verschwunden wäre.

„Wenn Sie es sich anders überlegen 

„Tue ich nicht, ganz bestimmt nicht“, unterbrach sie ihn unsanft. Eilig schloss Lilli die Eingangstür hinter sich. „Bäh, widerlicher Kerl.“

„Wer?“

„Herrje, Papa. Ist das dein neustes Hobby? Tochter erschrecken?“ Mit der Hand fasste sie sich an ihr pochendes Herz. Doch schlug es nicht nur wegen ihres Vaters so schnell. Die Begegnung hatte sie aufgewühlt. Dieser schmierige Typ konnte die Informationen nur von Patrick haben. Hatte sie es doch gewusst, es war eine scheiß Idee. „Der Typ da draußen ist von der Presse. Er ist wegen Emil hier. Vielmehr wegen seines Vaters.“ Lilli erklärte die Situation kurz auf.

„Warum redest du nicht mit ihm? Vielleicht kann er wirklich helfen. Man soll doch die Menschen nicht nach ihrer Optik beurteilen.“ Herr Tauber spähte durch das Fenster der Küche, in die sie sich zurückgezogen hatten.

„Bei ihm passen Optik und Charakter durchaus zusammen, glaub mir. Da benötige ich keinen zweiten Blick. Auf die Art von Aufmerksamkeit kann ich verzichten.“ Mit den Fingern fuhr sie über das Muster der abwaschbaren Tischdecke.

„Macht es denn nicht Sinn, dass es mehr Leute mitbekommen?“

„Ich denke nicht, dass es einen Sinn macht. Dieser Typ könnte überall leben.“

„Aber die Klinik sagte dir doch, dass er Deutscher ist.“

„Ja, schon, aber das heißt doch nichts.“

Diese Information hatte Lilli seit einigen Tagen. Sie hatte sich durchgerungen, die Klinik ein weiteres Mal anzurufen und ihnen geschildert, warum es ihr wichtig war. Auf diese Weise hatte sie immerhin seine Nationalität eingeschränkt. Was nicht bedeutete, dass er genauso gut in einem anderen Land leben konnte. Immerhin hatte er in Dänemark gespendet. Die Gründe dafür konnten viele sein.

„Okay, ich gehe jetzt hoch. Wenn er euch belästigt, erschießt ihn.“

Lillis Vater drückte ihr lachend einen Kuss auf die Stirn. Frustriert stampfte sie die Treppe hoch. Das war ja alles mal so richtig schön in die Hose gegangen. Sie fragte sich bloß, auf wen sie wütender war? Auf sich, wegen dieser irrsinnigen Aktion, oder auf Patrick, weil er ihr einen seiner schmierigen Kollegen auf den Hals gehetzt hatte.

Kaum hatte sie sich auf der Couch niedergelassen, klingelte das Telefon. Seufzend stand sie wieder auf.

„Tauber?“

„Hallo, hier ist Patrick Lietz. Ich rufe an wegen der E-Mail, die ich von Ihnen bekommen habe.“

„Soll das ein Witz sein?“

„Ehm, nein. Die war doch von Ihnen, oder nicht?“, fragte er verunsichert.

„Ja, und das war ein großer Fehler. Ich dachte, man könnte Ihnen vertrauen. Ich hätte nicht so blauäugig sein sollen.“

„Ich verstehe nicht.“

„Wenn meine Bitte Ihnen die Mühe nicht wert ist, hätte eine einfache Absage gereicht. Aber mir einen Kollegen vorbeizuschicken, der zudem ein Widerling in Person ist 

„Ich habe nichts dergleichen getan. Ehrlich nicht. Ich rufe an, um mit Ihnen ein Treffen auszumachen.“

„Der Zug ist abgefahren. Ich habe meine Lektion gelernt.“ Wütend beendete Lilli das Gespräch.

Nur langsam normalisierte sich ihr Puls. Das reichte. Sie hakte die Sache endgültig ab. So sehr sie es sich für Emil wünschte, glaubte sie nicht, dass sein Vater den ganzen Aufwand wert war. Sie kannten ihn nicht und würden ihn auch nicht kennenlernen. Basta.

Um kurz nach halb drei verließ Lilli das Haus, um Emil aus dem Kindergarten abzuholen. In dem Augenblick hielt ein Auto am Straßenrand, der Motor verstummte. Unsicher kam Patrick auf sie zu. Lilli beachtete ihn nicht weiter, stieg ins Auto und knallte ihm die Tür vor der Nase zu.

„Es tut mir leid.“ Gedämpft drang seine Stimme in das Innere des Wagens.

Sie drehte den Zündschlüssel um.

„Geben Sie mir fünf Minuten.“

„Ich habe keine Zeit“, sagte sie laut und schaute aus dem Fenster. Lilli traf ein betrübter Blick. Ach, verdammt. Sie war einundvierzig. Nicht das richtige Alter, um die eingeschnappte Leberwurst zu spielen. Sie zog den Schlüssel wieder ab und stieg seufzend aus.

„Danke.“

„Ich muss Emil holen. Sie können mich von mir aus begleiten. Dann gehen wir zu Fuß.“

„Gern.“ Herrn Journalist schienen die Worte zu fehlen. Aber nur kurz. „Ich wusste vorhin wirklich nicht, wovon Sie gesprochen haben. Allerdings gibt es nur einen Kollegen, auf den die Beschreibung zutrifft. Der Typ ist ein Idiot. Er muss irgendwie an Ihre Nachricht gekommen sein.“

„Ich wollte sie eigentlich nicht mal abschicken. Ist echt super gelaufen.“ Genervt von der Entwicklung, die diese Geschichte genommen hatte, trat Lilli gegen einen Stein.

„Ich würde mit solchen Informationen niemals schlampig umgehen. Das mag sich für Sie, in Anbetracht der Tatsache, nicht recht glaubhaft anhören, aber es ist so. Sie können mir vertrauen.“ Mit beiden Händen in den Hosentaschen schlenderte Patrick neben ihr her.

„Möglicherweise, aber ich habe es mir anders überlegt. Ich brauche Sie nicht.“

„Bitte, ich kann Ihnen helfen. Zumindest dabei, den Stein ins Rollen zu bringen.“ Er griff nach Lillis Arm und zwang sie zum Stehenbleiben.

„Patrick, bitte. Lassen Sie es gut sein.“

Sie ging weiter. Seine Hand rutschte von ihrem Arm. Ohne weitere Argumente vorzubringen, folgte er Lilli bis zum Eingang des Kindergartens.

„Ich kann es Ihnen nicht versprechen, aber ich habe einige gute Kontakte. Sie wissen doch, wie das läuft. Der eine kennt den, der andere den. Der schuldet wieder einem anderen noch einen Gefallen. Wie gesagt, versprechen kann ich nichts, aber Sie könnten sich die Idee ja mal anhören.“

„Sie lassen nicht locker, oder?“

Er zuckte mit den Schultern und grinste zaghaft.

„Und was springt für Sie dabei raus? Oder tun Sie das aus reiner Nächstenliebe?“ Lilli hielt die geöffnete Tür fest.

„Ich darf Ihre Geschichte bringen.“

„Erhoffen Sie sich durch mich einen Karriereschub?“

„Schlechte Werbung wäre es für meine Person sicher nicht. Obwohl ich gern über Kindergärten berichte.“

Sie antwortete nicht. Verdrehte stattdessen die Augen.

„Also vertrauen Sie mir?“

Hatte sie eine Wahl, wenn sie ihr Ziel erreichen wollte? Ihr lief die Zeit davon. Die Tür fiel zu. Im Flur drehte sie sich noch einmal um. Patrick beobachtete Lilli aufmerksam. Als er ihr Nicken wahrnahm, wurde aus seinem zaghaften Grinsen ein breites Lächeln.

Er saß wieder auf der Bank, als sie mit Emil im Schlepptau aus dem Kindergarten kam. Während Emil aus der Tür schoss und sofort das Karussell für sich beanspruchte, setzte sich Lilli ebenfalls auf die Bank. Das Holz war warm. Trotzdem schlang sie die Arme um den Brustkorb. Ihr war unbehaglich zumute.

„Okay, hier kommt mein Vorschlag“, begann Patrick, ohne Lilli dabei anzusehen. „Ich habe recherchiert. Die meisten Suchen nach anonymen Samenspendern laufen ins Leere. In der Regel scheitert es an der Rechtslage. Zwar gibt es in Deutschland inzwischen einen Präzedenzfall, aber bei Ihnen handelt es sich A nicht um das suchende Kind, und B müssen wir uns auf das dänische Recht konzentrieren. Aber ich gehe davon aus, das wissen Sie längst.“

Lilli nickte.

„Gut, trotzdem gibt es den ein oder anderen Bericht von Betroffenen. Zum Beispiel den einer jungen Frau, die sich ans Fernsehen gewandt hat, um auf diese Weise nach ihrem biologischen Vater zu suchen.“

„Ich werde mich ganz sicher vor keine Kamera stellen.“ Schockiert sah sie Patrick an.

Beruhigend lächelte er. „Das habe ich auch nicht verlangt. Bei meiner Idee müssen Sie Ihre Identität nicht preisgeben. Wir beide verfassen einen Bericht. Dort steht drin, was Sie über den Spender wissen und eben, dass Sie auf der Suche nach ihm sind. Ich versuche dann den Artikel durch meine Kontakte in so vielen Zeitungen wie möglich zu platzieren.“ Mit hochgezogenen Augenbrauen blickte er zu Lilli rüber. „Das mag nicht der perfekte Plan sein, aber einen Versuch ist es allemal wert.“

„Ich weiß nicht.“ Ihre Unsicherheit ließ sich nicht abschütteln.

„Na kommen Sie, geben Sie sich einen Ruck. Sie tun es doch für Ihren Sohn.“

Letztendlich waren das die Schlüsselworte, um von Lilli ein Okay zu bekommen. Also hatte sie zusammen mit Patrick einen Artikel verfasst. Zwei Tage später war er in der regionalen Zeitung und auch in einigen anderen über ganz Deutschland verteilt erschienen.