Leseprobe Die unberechenbare Lady Angelique

1. Kapitel

„Papa, hatten wir tatsächlich in Calais auch schon so viel Gepäck?“

Stirnrunzelnd beobachtete Angelique, wie ein Hafenarbeiter einen Stapel Hutschachteln heranschleppte. Nach Paris zum Einkaufen zu reisen war ihr ziemlich frivol erschienen angesichts der Tatsache, dass Frankreich immer noch an den durch Bonapartes maßlosen Ehrgeiz erlittenen Wunden krankte, doch ihre Mutter und Lady Nora Penston hatten sich davon nicht beirren lassen. Die beiden Damen schlenderten gerade auf die Geschäfte am Pier von Dover zu und hatten offensichtlich vor, noch weitere Einkäufe zu tätigen, bis die Kutschen fertig beladen waren.

Thomas Graham, Earl of Niston, lachte halblaut. „Ich hoffe nur, zwei Kutschen reichen aus für die vielen Sachen!“ Er führte seine Tochter ein paar Schritte von Lord Penston fort, der geschäftig das Beladen der Kutschen überwachte. „Deine Mutter redet bereits von einer weiteren Reise nach Frankreich vor deiner Hochzeit, Angel. Sie hat sich wohl in den Kopf gesetzt, dass du in einem französischen Kleid zum Altar schreiten sollst.“

Angelique seufzte. „Wenn ihr mir erlauben würdet, Simon jetzt schon zu heiraten, hätten wir bereits dieses Mal eins kaufen können.“

„Angel, das haben wir doch längst besprochen. Ein Jahr ist kein übertrieben langer Zeitabstand zwischen Verlobung und Hochzeit!“

„Simon und ich wollen aber jetzt schon heiraten!“, widersprach sie heftig. „Das weißt du genau. Und dabei dürfen wir noch nicht einmal unsere Verlobung offiziell bekannt geben!“

„Wir möchten eben, dass du dir deiner Entscheidung völlig sicher bist, ehe wir das Ganze publik machen“, beschwichtigte er.

„Ihr glaubt also, ich ändere meine Meinung wieder, und wollt nicht in eine peinliche Situation geraten! Aber das wird nicht geschehen. Simon und ich lieben einander.“

Ihr Vater runzelte die Stirn, offensichtlich wurde er langsam ungeduldig. In diesem Moment wandte sich jedoch Lord Penston mit einer Frage wegen des Gepäcks an ihn, und er kam nicht mehr zum Antworten.

Angelique wandte ihre Aufmerksamkeit einem Schiff zu, das für die Rückfahrt nach Calais beladen wurde. Zwei Männer führten soeben mehrere Hunde die Rampe hinauf, während ein dritter Mann sich mit einem weiteren halben Dutzend Hunde unten am Fuß der Rampe abmühte. Einer von ihnen, ein großer, kräftiger Mastino, sträubte sich heftig dagegen, an Bord zu gehen, und der Mann zog ihm einen Peitschenhieb über den Rücken.

Als das Tier schmerzerfüllt aufjaulte, raffte Angelique ihre Röcke und eilte wutentbrannt auf den Mann zu. „Hören Sie sofort auf!“, rief sie. „Sehen Sie denn nicht, dass der Hund Angst hat?“

Der Mann warf ihr einen ungehaltenen Blick zu und zerrte grob an der Leine, sodass das Tier erneut jaulte. „Das ist ein Wachhund, Miss, der soll keine Angst haben!“

„Fenley, trödeln Sie nicht!“ Ein gut gekleideter Mann beugte sich über die Reling des Schiffs.

„Jawohl, Mylord, aber dieser verdammte Köter macht Schwierigkeiten!“ Damit hob er die Peitsche und wollte abermals zuschlagen, doch in dem Augenblick holte Angelique mit ihrem Ridikül aus.

„Sie werden diesen Hund nicht noch einmal schlagen!“

Der Mann an der Reling schaltete sich ein. „Sie müssen ihn verstehen, Mylady, schließlich wollen wir mit der nächsten Flut auslaufen.“

„Das ist kein Grund, so brutal vorzugehen“, konterte sie.

„Sie haben natürlich recht, bitte verzeihen Sie. Fenley, geben Sie der jungen Dame die Leine. Mylady, ich danke Ihnen für Ihr Mitgefühl. Ich bin sicher, bei Ihnen wird sich Brutus sehr viel wohler fühlen als bei uns.“ Er zog den Hut. „Guten Tag.“

Verblüfft ließ sich Angelique die Leine in die Hand drücken, ehe der als Fenley angesprochene Mann sich umdrehte und mit den anderen Hunden an Bord ging. Sie blickte bestürzt auf ihren neuen Schützling. „Ach du Schreck“, murmelte sie. Brutus wedelte mit dem Schwanz. Ihre Eltern würden wenig begeistert sein … Andererseits hatten sich ihre Geschwister schon immer einen Hund gewünscht, vielleicht drückten sie ja ein Auge zu.

Angelique zog leicht an der Leine, und Brutus trabte brav neben ihr her auf die Kutschen zu. Auf halber Strecke erspähte er jedoch plötzlich einige Kisten mit Hühnern. Er preschte darauf los und stieß eine von ihnen um, sodass diese aufging und die Hühner gackernd in alle Richtungen davonstoben. Angelique konnte ihn nicht mehr halten, als er die Verfolgung aufnahm, und wurde hilflos von ihm mitgezerrt. Brutus änderte abrupt die Richtung, um einem anderen Huhn nachzujagen, und Angelique prallte unvermittelt gegen einen Fremden. Erschrocken wollte sie zurückweichen, doch Brutus war einmal um sie und den Mann herumgelaufen, und seine Leine band sie fest an einander.

„Ich bitte vielmals um Verzeihung“, murmelte sie tödlich verlegen.

„Bei manchen afrikanischen Stämmen gälten wir jetzt als verheiratet“, ließ sich eine trockene Männerstimme vernehmen.

Angel hob den Kopf und sah geradewegs in die smaragdgrünen Augen eines großen, schlanken Mannes mit windzerzaustem schwarzem Haar. Sein Blick wirkte amüsiert.

„Ihr Hund ist sehr zielstrebig“, meinte er schmunzelnd.

„Ich habe ihn noch nicht sehr lange“, gab sie zu und versuchte erfolglos, an der Leine zu zerren.

„Ich habe es mit angesehen. Also, sind wir jetzt verheiratet oder soll ich versuchen, uns zu befreien?“

Angel musste nun ebenfalls lachen; sie war erleichtert, dass er nicht zornig war. „Letzteres, denke ich. Über das andere reden wir, wenn wir uns miteinander bekannt gemacht haben!“

Seine grünen Augen funkelten belustigt, dann nahm er ihr die Leine ab und zog einmal kräftig daran. Während Brutus sich verblüfft hinsetzte, vollzog der Fremde mit Angel zwei rasche Drehungen, und sie waren frei. Er bückte sich und streichelte den schwanzwedelnden Hund. „Wie gut, dass ich gerade heute nach England zurückgekommen bin.“ Er richtete sich auf. „James Faring, zu Ihren Diensten.“

„Vielen Dank für Ihre Hilfe, Mr. Faring.“ Angel strich sich glättend über ihren blauen Musselinrock. Der Kleidung und der Sprache nach schien ihr Retter aus gehobenen Kreisen zu stammen, doch sie war sich sicher, ihn auf keinem der Bälle der Saison gesehen zu haben. Sie hätte sich ganz bestimmt an ihn erinnert.

Er neigte den Kopf. „Es war mir ein Vergnügen, obwohl meine Hilfe etwas zu spät kam, fürchte ich! Darf ich übrigens fragen, wie es kommt, dass sich eine so vornehme junge Dame allein in Dover aufhält?“

„Ich bin nicht allein“, meinte sie und warf einen schuldbewussten Blick zu ihrem Vater hinüber. Plötzlich wurde ihr klar, wie unschicklich es war, wenn sich eine Dame, die obendrein noch verlobt war, mit einem wildfremden Mann unterhielt. „Bitte verzeihen Sie, ich muss jetzt gehen.“

Sie griff nach Brutus’ Leine, doch Faring schüttelte den Kopf. „Gestatten Sie mir, meine etwas klägliche Rettungsaktion zu vollenden“, bot er ihr an und machte eine Geste, die ihr bedeutete, sie möge ihm zeigen, wo sie hinwolle.

„Sind Sie sicher?“ Insgeheim war Angel erleichtert, dass sie den Rest des Weges nicht allein mit dem großen Hund zurücklegen musste.

„Es ist mir ein Vergnügen.“

Als sie losgingen, fiel Angel auf, dass er hinkte. „Ist das etwa meine … unsere … Schuld?“, fragte sie verlegen.

James Faring verzog das Gesicht. „Nein, das stammt von einer gänzlich anderen Rettungsaktion.“

„Sie eilen wohl öfter Damen, die in Not sind, zu Hilfe?“, erkundigte sie sich leichthin.

„Nur, wenn sie so charmant sind wie Sie. Sie sind ein Engel.“

Angel musste lachen. „Wie haben Sie das denn herausgefunden?“

Er machte ein verwirrtes Gesicht, doch ehe er etwas sagen konnte, kamen Lord Penston und ihr Vater auf sie zu.

„James Faring!“, rief Penston und streckte die Hand aus. „Junge, wie schön, dich zu sehen! Bei White’s hat man schon Wetten abgeschlossen, ob du überhaupt noch am Leben bist!“

„Bonaparte hatte es tatsächlich auf mich abgesehen, ich war ziemlich schwer verwundet“, gab Faring mit einem matten Lächeln zu. „Ich bin froh, wieder nach Hause zurückkehren zu können.“ Er sah zu den am Pier wartenden Kutschen hinüber. „Allerdings scheint mich mein Kutscher versetzt zu haben. Ich werde wohl eine Mietdroschke nehmen müssen.“

Er hatte also unter Wellington gekämpft. Die Armee war jedoch schon vor über einem Monat heimgekehrt, sodass Angel sich nicht erklären konnte, was er noch so lange in Belgien gemacht hatte. Er trug keine Uniform, sondern eine elegante graue Jacke, Breeches und meisterhaft gearbeitete Reitstiefel.

In diesem Moment sah Angel ihre Mutter und Lady Nora näherkommen. Unsicher blickte sie auf den zufrieden hechelnden Brutus. Ganz gleich, welche Entschuldigung sie auch anführte, ihre Mutter würde entsetzt sein über ihre neueste Errungenschaft und ihr unmögliches Benehmen und ihr wahrscheinlich die ganze Fahrt nach London über Vorwürfe machen.

„Reisen Sie doch mit uns!“, schlug sie eifrig vor und wich dem erstaunten Blick ihres Vaters aus. In Farings Gegenwart würden sich die Tiraden ihrer Mutter wohl halbwegs in Grenzen halten.

„Natürlich!“, pflichtete Penston ihr bei. „Thomas hat ein ausgezeichnetes Gespann, da kannst du dir die elende Mietdroschke sparen.“ Er sah zu Angels Vater. „Wo bleiben meine Manieren! Ich war wohl zu verblüfft, dich lebend vor mir zu sehen, Junge. Darf ich dir Thomas Graham, den Earl of Niston, und seine Tochter Angelique vorstellen? Thomas, das ist James Faring, der Marquis of …“

Faring ließ ihn nicht ausreden, sondern schüttelte Niston die Hand. „Ich glaube, wir sind uns bereits begegnet, nicht wahr?“

„Ja, vor einigen Jahren“, bestätigte er. „Ich hatte noch gar keine Zeit, Ihnen zum Tod Ihres Vaters zu kondolieren. Er war ein guter Mensch.“

Der Marquis nickte. „Das stimmt. Vielen Dank.“

„Ich habe übrigens eben die Szene mitverfolgt. Danke, dass Sie meiner Angel geholfen haben.“ Trotz der freundlichen Worte sah er nicht allzu erfreut aus, und Angel fragte sich, ob das an ihrer Einladung oder an Brutus lag.

„Es war mir ein Vergnügen.“ Die Augen des Marquis funkelten belustigt, als er Angel ansah. „Sie sind also wirklich ein Engel!“

Ihre Mutter und Lady Penston gesellten sich zu ihnen, und Erstere schien Angels neue Bekanntschaft noch stärker zu missbilligen als ihr Vater. Angel überlegte flüchtig, ob der Marquis sie womöglich mehr in Schwierigkeiten bringen würde als der Hund.

James Faring nickte den beiden Damen zu und wandte sich dann an Angel. „Wenn Sie mich nun entschuldigen wollen …“ Offenbar spürte auch er, dass er nicht gern gesehen war. „Ich mache mich lieber auf den Weg.“ Er gab ihr die Leine zurück.

Angels Vater räusperte sich. „Meine Tochter hat Recht. Sie sind herzlich willkommen, uns zu begleiten. Mein Pferdegespann mag Ihren sonstigen Ansprüchen zwar nicht genügen, aber meine Kutsche ist sicher besser gefedert als eine Mietdroschke.“

„Deine Pferde sind hervorragend“, widersprach Angel gekränkt, schließlich hatte sie sie selbst mit ausgesucht.

Ihr Vater lächelte. „Wir reden aber gerade mit dem Eigentümer eines der besten Gestüte Englands! Nun, Mylord?“

„Ich …“ Der Marquis warf Angel einen flüchtigen Blick zu. „Ich bin Ihnen sehr dankbar. Ich hole nur rasch mein Gepäck.“

Der Baron und die Baronin begaben sich zu ihrer Kutsche, und während Niston seiner Frau und Angel beim Einsteigen in ihre eigene Karosse half, berichtete er ihr, wie Angel Brutus gerettet hatte.

Lady Niston warf einen aufgebrachten Blick auf den Hund, der es sich zu Angels Füßen bequem gemacht hatte, doch dann wandte sie sich einem für sie momentan vordringlicheren Problem zu. „Thomas, wie konntest du diesen Mann nur einladen, mit uns nach London zu reisen?“

„Camellia, immerhin hat er Angel davor bewahrt, durch halb Dover gezerrt zu werden!“

Lady Niston sah ihre Tochter strafend an. „Das stimmt allerdings! Ich weiß nicht, warum wir all diese zahllosen Gouvernanten für dich eingestellt haben, wenn du dich doch nie wie eine Dame benehmen kannst. Ich wage nicht mir vorzustellen, wie Simon Talbott reagieren würde, wenn er dich so sähe! Vielleicht verstehst du jetzt, warum wir darauf bestehen, dass ihr noch ein Jahr bis zur Hochzeit warten sollt, und wir die Verlobung noch nicht offiziell bekannt geben. Dieses ungebührliche Betragen muss aufhören! Und dieser … Hund muss weg.“

Angel fand das ungerecht. „Simon hätte nichts dagegen! Und Brutus …“

„Eine Dame schreit jedenfalls nicht, auch schlägt sie nicht mit ihrem Ridikül nach jemandem!“, unterbrach ihre Mutter sie scharf.

„Was hätte ich denn sonst tun sollen?“, protestierte Angel.

„Gar nichts!“

„Gar nichts?“, wiederholte Angel ungläubig.

„Wenn eine Dame vor die Entscheidung gestellt wird, entweder in einen Skandal verwickelt zu werden oder gar nichts zu tun – dann tut sie gar nichts!“

„Ich habe keinen Skandal hervorgerufen, ich habe einen armen, völlig verängstigten Hund gerettet!“, widersprach Angel heftig.

„Und du hast dich mit einem Mann unterhalten, dem du nicht vorgestellt worden warst. Das hätte deinen guten Ruf ruinieren können.“

Angel verdrehte die Augen. „Der Marquis fand, dass ich richtig gehandelt hatte, also ist auch niemand zu Schaden gekommen!“

Ihre Mutter stieß einen entrüsteten Laut aus. „Oh, doch. Du stehst in der Schuld eines Gentleman, der den denkbar schlechtesten Leumund hat!“

„Aber wer ist er denn?“

„Der Marquis of Abbonley.“

Angel wurde blass. Auf sie hatte der Mann mit den faszinierenden grünen Augen wie ein Held aus irgendeinem romantischen Märchen gewirkt. Sie hatte ja keine Ahnung gehabt, um wen es sich bei ihm in Wirklichkeit handelte! Kein Wunder, dass ihre Eltern so ungehalten waren. „Der ,Teufel‘?“, flüsterte sie.

„Genau der“, meinte ihr Vater stirnrunzelnd.

„Aber dann ist er …“ Angel verstummte. Plötzlich erkannte sie, dass eine ganz neue Komplikation in ihr Leben getreten war. „Er ist Simons Cousin.“

2. Kapitel

Die Kutsche des Earl of Niston war tatsächlich recht komfortabel, und wären da nicht die beinahe feindselige Atmosphäre und seine noch von den Verletzungen herrührenden Schmerzen gewesen, so hätte James die Reise nach London durchaus genießen können.

Wahrscheinlich wäre es am klügsten gewesen, noch ein paar Tage länger in Dover zu bleiben. Bestimmt würde der Empfang in London nicht allzu herzlich ausfallen, und obwohl ihm das früher gleichgültig gewesen wäre, so hatte er nun das Bedürfnis zu versuchen, ob er nicht doch endlich zu einem ehrbaren Menschen werden konnte.

Nachdenklich blickte er zu Angel hinüber. Die überzeugendste Art zu beweisen, dass er sich verändert hatte, wäre sicherlich, wenn er sich verheiratete. Wenn er ganz ehrlich war, dann erschien ihm Angelique Graham weitaus lebhafter und interessanter als so ein braves, gehorsames Geschöpf, wie er es sich für sich vorgestellt hatte. Mit ihrem kupferfarbenen Haar, den unglaublich langen Wimpern und den strahlenden braunen Augen war sie in der Tat eine Schönheit.

Der Earl of Niston räusperte sich. „Wie kommt es, dass Sie gerade heute nach England zurückgekehrt sind?“

„Die Ärzte haben mich erst vor einer Woche zum ersten Mal aufstehen lassen“, erklärte James achselzuckend. „Seit gestern fühlte ich mich kräftig genug, die Reise zu wagen.“

Das schien für Lady Niston das Signal zu sein, mit dem anzufangen, was seine Großmutter als ,Kaffeekränzchengeplauder‘ zu bezeichnen pflegte – eine völlig inhaltslose Konversation, die im Grunde auch gar keine Antworten verlangte. Darin war Camellia Meisterin. Ihre Tochter warf ihm ab und zu Blicke zu, die verrieten, dass sie sich ebenso langweilte wie er. Schließlich zog sie ihre Handarbeit hervor, ein Taschentuch, das sie bestickte.

„Was ist das für ein Muster, Lady Angelique?“, erkundigte er sich, als ihre Mutter eine Atempause einlegte.

„Rosen“, gab sie Auskunft und hielt ihm ihre Arbeit hin. „Besonders ordentlich werden sie allerdings nicht.“

Er lächelte. „Sie sind reizend.“ Die Kutsche holperte durch ein Schlagloch, und ihm entfuhr unwillkürlich ein Schmerzenslaut.

„Sollen wir einen Moment anhalten?“, erkundigte sich die Countess.

James atmete tief durch. „Danke, das ist nicht nötig.“

„Seien Sie doch nicht so übertrieben höflich!“, fuhr Angel ihn empört an. „Sie sehen furchtbar aus!“

„Angel!“, tadelte ihre Mutter sie entrüstet. Und um der Situation die Peinlichkeit zu nehmen, fuhr sie hastig fort: „Ach, übrigens, da fällt mir ein höchst amüsantes Gerücht ein, das ich vor einigen Wochen über den Duke of Kent gehört habe.“

„Nein, wirklich?“ James zwang sich zu einem Lächeln.

„Ja! Wie es heißt, hat er …“

Er konnte sich nicht mehr auf die Worte der Countess konzentrieren, als er zufällig zu Angelique hinüberblickte. Sie verdrehte vielsagend die Augen, und er musste husten, um sein Lachen zu kaschieren.

Ein paar Stunden und viele Schlaglöcher später hielt die Kutsche endlich vor Faring House an. James’ verletztes Bein war ganz steif vom langen Sitzen, und so musste er sich einen Augenblick lang am Türgriff der Kutsche festhalten, nachdem er ausgestiegen war. Brutus machte Anstalten, ihm zu folgen, doch Angel hielt ihn zurück. „Es war mir ein Vergnügen, Lady Angelique“, murmelte James und sah sie an. „Vielleicht sehen wir uns einmal wieder.“

Sie erwiderte sein Lächeln. „Dessen bin ich mir ganz sicher, Mylord.“

Er bedankte sich bei Niston und seiner Gemahlin, man verabschiedete sich, und schon setzte sich die Kutsche wieder in Bewegung. James seufzte. Abgesehen von Angels und Brutus’ Anwesenheit war das eine entsetzliche Reise gewesen. Hoffentlich erwies sich der Rest von Londons gehobener Gesellschaft als weniger nervtötend.

„Mein Gott!“, ertönte eine Stimme vom Haupteingang des Stadthauses her. Als James aufblickte, sah er seinen Cousin auf sich zu eilen. „James!“

„Simon!“ Er schmunzelte, als der andere ihn vorsichtig umarmte. „Keine Angst, ich zerbreche schon nicht.“

Sein Cousin schob ihn ein Stück von sich. „Du siehst sehr mitgenommen aus. Himmel, bin ich froh, dich wiederzusehen! Warum hast du nicht geschrieben, dass du kommst? Wir haben uns große Sorgen um dich gemacht. All diese verdammten Gerüchte aus Belgien, und …“

„Ich habe geschrieben, und ich weiß, was man sich erzählt hat.“ Er legte seinem Cousin die Hand auf die Schulter. „Ich freue mich auch, dich zu sehen.“

„Wer hat dich hierhergebracht?“, wollte Simon wissen.

James lachte. „Ein Engel hat mich kurzerhand nach Hause geflogen!“

„Wir sollten lieber ins Haus gehen, ich glaube, du fantasierst.“

Der Marquis schüttelte belustigt den Kopf. „Nein, ich kam mit dem Earl of Niston und seiner Familie.“

„Niston? Ach, die Angel meinst du. Ich bin froh, dass du sie kennengelernt hast. Ist sie nicht wundervoll?“

„Ja, in der Tat, das ist sie …“ James stutzte und runzelte die Stirn. „Warum freust du dich, dass ich sie kennengelernt habe – und warum habe ich das Gefühl, dass mir hier etwas entgeht?“

Sein Cousin warf ihm einen kurzen Blick zu. „Sie haben dir nichts davon erzählt, nicht wahr?“, meinte er seufzend. „Nun, weil ich nächstes Jahr im April mit ihr verheiratet sein werde.“

James ließ die Hand von Simons Schulter sinken, obwohl ihm auf einmal ziemlich schwindelig war. „Verheiratet?“, wiederholte er gedehnt und ließ sich von seiner plötzlichen Enttäuschung nichts anmerken. „Du?“

„Nun, ich war nie derjenige, der von einer Heirat nichts wissen wollte, sondern du“, erinnerte Simon ihn. „Doch darüber unterhalten wir uns später. Erst einmal gehen wir jetzt hinein, du musst ja völlig erschöpft sein.“

***

„Sieht dir ähnlich, unser Wiedersehen einfach zu verschlafen, James!“

Er schlug die Augen auf. Elizabeth, die Dowager Viscountess Wangslen, saß mit einer Tasse Tee an seinem Bett.

„Grandmama!“ Erfreut versuchte er sich aufzusetzen, doch sie bedeutete ihm, liegen zu bleiben.

„Deinetwegen bin ich das reinste Nervenbündel, Kind!“

Grandmama Elizabeth war sicher die Einzige, die ihn noch als Kind bezeichnete. „Das war nicht meine Absicht“, erwiderte er.

„Was hast du dir dann dabei gedacht, einfach so unangekündigt nach Hause zu kommen? Du hättest doch schreiben können!“

Er schmunzelte. „Du hast dir immer noch nicht abgewöhnt, an mir herumzukritteln, hm? Ich habe geschrieben. Beschwere dich bei der Londoner Post, nicht bei mir!“

Die Dowager Viscountess beugte sich unerwartet nach vorn und küsste ihn auf die Wange. „Ich habe dich schrecklich vermisst, James. Simon hört immer auf mich, wenn ich mit ihm schimpfe.“

Er lachte. „Wann hast du je mit Simon geschimpft?“

Elizabeth musste nun ebenfalls lächeln. „Ihr wart beide ziemlich ungezogen früher, nur Simon hat dieses Stadium überwunden!“

James wurde ernst. Es stimmte, nachdem seine Mutter kurz vor seinem sechsten Geburtstag gestorben war, hatte er sich zu einem ungebärdigen Jungen entwickelt, der seine Gouvernanten reihenweise zur Verzweiflung und aus dem Haus getrieben hatte. Später hatte er dann um ein Haar Cambridge verlassen müssen, weil er sich wegen einer gewissen Dame mit Viscount Luester geschlagen hatte. Die Entscheidung diesbezüglich war allerdings erst ein Jahr später gefallen, bei einem Duell im Morgengrauen. Einem Duell, das ihm den Beinamen ,der Teufel‘ eingetragen hatte.

Er wandte den Blick ab. „Simon sagte, er sei verlobt?“

Sie nickte. „Ja, mit Angelique Graham. Ein bezauberndes Geschöpf. Leider wollen ihre engstirnigen Eltern die Sache noch geheim halten.“

„Warum denn bloß?“

„Sie halten Angelique wohl noch nicht für reif genug, so ein Unsinn.“ Ihr Gesichtsausdruck änderte sich kaum merklich. „Aber du bist ihr ja schon begegnet, nicht wahr?“

„Ja. Was soll der Blick?“

„Nichts!“

„Ah, ich verstehe schon. Du denkst, ich hätte ein Auge auf Simons Verlobte geworfen und plante etwas Skandalöses!“

„Nein. Ich fragte mich nur, ob du deine Einstellung zum Heiraten vielleicht geändert hast.“

„Die Frage habe ich mir tatsächlich selbst auch schon gestellt“, gab James zu. „Möglicherweise wäre es allmählich Zeit dafür.“

Seine Großmutter strahlte. „James, das ist ja wunderbar! Wer ist …“

„Und da ich über ein Jahr fort war und nicht weiß, wer in Frage kommen könnte, wäre ich dir dankbar, wenn du mir eine kleine Liste der noch unverheirateten Damen zusammenstellen könntest“, unterbrach er sie. „Mir wäre ein eher ruhiges Wesen aus angesehener Familie recht. Alter und Aussehen spielen gar keine so große Rolle, nur sollte sie nicht dumm oder zimperlich sein.“

Elizabeth lehnte sich langsam zurück. „Suchst du nach einer Braut oder einem Pferd?“, erkundigte sie sich schließlich.

James stieß einen unwilligen Laut aus. „Du drängst mich doch immer, ich solle endlich heiraten, eine Familie gründen und mich gesittet benehmen!“

„Ja, aber wünschst du dir nicht eine Frau, die du auch liebst? Du tust so, als plantest du eine geschäftliche Verbindung!“

„Du weißt sehr gut, dass es weit mehr Vernunft- als Liebesehen gibt“, konterte er zynisch.

Elizabeth erhob sich. „Darin werde ich dich nicht unterstützen, James. Du bist in der seltenen, beneidenswerten Lage, eine Ehe aus Liebe schließen zu können.“

„Es wäre reine Zeitverschwendung, auf so etwas Unsinniges zu warten.“

Sie drehte sich um. „Du irrst, James. Das sagst du nur wegen Desiree. Es war …“

„Erwähne diesen Namen in meiner Gegenwart nicht!“, brauste er auf.

„Ich hoffe nur, du erkennst deinen Irrtum, ehe es zu spät ist für dich und das unglückliche Mädchen, das du dir aussuchen wirst.“

„Nun, wir werden ja sehen.“ Es versetzte ihm einen Stich, dass das einzige Mädchen, das ihm einfiel, leider nicht mehr zu haben war.

***

„Brutus! Bei Fuß!“, schimpfte Angel, als der Hund sie quer über die Ladies’ Mile des Hyde Park zerrte.

Als er wider Erwarten gehorchte, atmete Tess, ihre Zofe, hörbar auf. „Vielleicht hätten wir doch einen der Stallburschen mitnehmen sollen, allein können wir ihn kaum halten.“

„Das stimmt, aber er mag es nun einmal nicht, wenn Männer ihn an der Leine führen“, gab Angel zurück.

„Aus schlechter Erfahrung, vermute ich“, ließ sich eine Stimme hinter ihr vernehmen, und sie drehte sich um.

„Mylord!“ Sie lächelte überrascht, als James Faring, ebenfalls zu Fuß, über den Rasen auf sie zukam. In der Hand hielt er einen eleganten Stock mit goldenem Knauf.

Brutus jaulte erfreut auf und wollte auf ihn zu stürzen. „Nein, Brutus, langsam!“, rief der Marquis, und der Hund legte sich folgsam zu seinen Füßen ins Gras. James bückte sich und kraulte ihn hinter dem Ohr.

„Ein Glück, er scheint Sie zu akzeptieren“, seufzte Angel.

„Ja, ein Glück.“ Seine Augen funkelten amüsiert, als er sich nun über ihre Hand beugte.

Er sah immer noch sehr blass aus, aber er war ja auch erst seit drei Tagen wieder in London. „Wie geht es Ihnen?“, erkundigte sie sich mitfühlend.

„Besser.“ Sein Blick wurde ernst. „Warum haben Sie mir nicht von Ihnen und Simon erzählt?“, fragte er leise.

„Sie haben also davon erfahren“, erwiderte sie schuldbewusst. „Das ließ sich wohl nicht verhindern, schließlich ist Simon mein Cousin.“

„Es tut mir leid. Ich wollte es Ihnen sagen, aber …“

„Es ist noch ein Geheimnis, weißt du“, ertönte eine weitere Stimme hinter ihr.

„Simon!“ Erfreut drehte sie sich um.

Simon Talbott, der Sohn des Viscount Wangslen, verneigte sich vor ihr und zog ihre Hand an seine Lippen. „Wie schön, dass du aus Paris zurück bist.“ Der Blick, den er seinem Cousin zuwarf, war weniger freundlich. „Ich sagte, wir würden später noch darüber reden, James. Das geht nur mich und dich etwas an. Angelique hat damit nichts zu tun.“

Dieser Meinung war sie nicht, doch ehe sie etwas darauf erwidern konnte, stand Brutus auf und ging zu Simon, um ihn zu beschnüffeln. Er wedelte nur einmal kurz mit dem Schwanz und kehrte dann zu James zurück.

„Das ist also dein neues Haustier.“ Simon betrachtete Brutus skeptisch. „James berichtete, du hättest dir einen Hund zugelegt, aber der hier sieht eher aus wie ein Pony!“

„Nicht doch, Simon“, schalt sie im Scherz. „Er ist sehr sensibel. Er frisst nur, wenn Henry, Helen oder ich bei ihm sind.“

„Nun, Angel, trotzdem ist er nicht gerade ein Kuscheltier“, wandte Simon ein.

„Jetzt ja.“ Angel streichelte Brutus den Kopf.

„Wer sind Henry und Helen?“, wollte der Marquis wissen.

„Meine Geschwister“, erklärte Angel. „Sie sind Zwillinge, und meine Eltern halten sie ebenfalls für ziemlich anstrengend.“

Er schmunzelte. „Dann freue ich mich darauf, sie kennenzulernen!“

Gedankenverloren erwiderte sie sein Lächeln für eine ganze Weile, ehe sie sich zusammennahm und sich wieder Simon zuwandte. „Übrigens, Lily hat mir gestern geschrieben. Sie wird wohl Ende nächster Woche nach London kommen.“

„Wie schön! Du hast mir so viel von Miss Stanfred erzählt, dass ich das Gefühl habe, sie schon gut zu kennen.“ Simon sah über ihre Schulter, und sein Blick wurde ernst. „Aber vielleicht komme ich morgen zum Tee zu euch, dann können wir uns weiter darüber unterhalten.“

Angel folgte seinem Blick und merkte, wie mehrere Damen bereits zu ihnen herübersahen. „Klatschbasen“, stieß sie verächtlich hervor und drehte ihnen den Rücken zu.

„Klatsch hin oder her, es schickt sich wirklich nicht, dass wir hier so mit dir sprechen“, gab ihr Verlobter zu bedenken.

Angel sah zu James und ertappte ihn dabei, wie er sie beobachtete. Sofort blickte er zur Seite. „Ich würde sagen, wir gehen – aber das ist nicht so einfach. Brutus sitzt auf meinem Fuß!“

Angel musste lachen und zerrte an Brutus’ Leine. Der Hund gehorchte widerstrebend und kam zu ihr. „Ich sehe dich dann morgen beim Tee, Simon“, verabschiedete sie sich.

Bon chance, Lady Angelique.“ Der Marquis nickte leicht, und sie senkte schmunzelnd den Kopf.

***

Kaum waren die beiden Männer verschwunden, kamen drei junge Damen auf Angel zu. „Angel, war das nicht der Marquis of Abbonley, der eben mit Mr. Talbott bei dir stand?“, erkundigte sich ihre Freundin Jenny.

„So ist es.“

„Woher kennst du denn den ,Teufel‘?“, wollte Louisa Delon wissen.

„Wir legten gleichzeitig in Dover an, und da seine Kutsche nicht gekommen war, fuhr er bei uns mit.“ Angel ärgerte sich etwas, dass Louisa Abbonleys Spitznamen benutzte.

„Ich frage mich, was wohl Lady Kensington zu seiner Rückkehr sagt“, meinte Mary leicht süffisant.

Angel blickte verständnislos von einem Mädchen zum anderen. „Desiree Kensington?“

„Ja! Weißt du denn nichts davon?“ Louisa war offenbar glücklich, ihr Wissen weiterverbreiten zu können. „Der ,Teufel‘ hat ihretwegen Viscount Luester umgebracht.“

„Bei einem Duell“, fügte Mary unnötigerweise hinzu.

Angel erschauerte. „Großer Gott“, flüsterte sie.

Mary nickte. „Das war, ehe sie Lord Kensington heiratete.“

„Ziemlich kurz davor sogar“, meinte Louisa. „Luester und Abbonley wollten sie beide heiraten. Beim Duell wartete der Marquis, bis der Viscount zuerst geschossen hatte. Und dann drückte er ab und traf ihn mitten ins Herz.“

„Und deshalb nennt man ihn auch den ,Teufel‘“, ergänzte Mary.

„Bitte, entschuldigt“, unterbrach Angel. „Ich habe einen Termin bei der Schneiderin. Wir sehen uns bald wieder, ja?“

Die kleine Gruppe löste sich auf. Angelique wünschte, sie hätte schon früher von dem Duell gewusst. Jetzt, da der ,Teufel‘ wieder in London war und einen Schatten über den guten Namen seiner Familie warf, würden ihre Eltern erst recht nicht zustimmen, die Hochzeit vorzuverlegen. Die Freiheit schien so zum Greifen nahe, dass die Aussicht, noch fast ein ganzes Jahr darauf warten zu müssen, sie in helle Verzweiflung stürzte. Sie und Simon verstanden sich so gut, und in ihrem eigenen Haushalt würde sie sich endlich nicht mehr den steifen, albernen Regeln fügen müssen, die ihre Eltern nur aufgestellt zu haben schienen, um ihr das Leben schwerzumachen. Angel runzelte die Stirn. Irgendetwas musste geschehen.

***

Der Ball im Sheffield’s am Samstag war das erste große gesellschaftliche Ereignis seit ihrer Rückkehr nach London, und es hatte den Anschein, als sei alles von Rang und Namen vollständig dort vertreten.

„Du siehst hinreißend aus“, begrüßte Simon sie, als sie sich zu der Gruppe junger Leute am Rande der großen Tanzfläche gesellte. „Ich warte schon seit über einem Monat darauf, mit dir tanzen zu dürfen!“

„Wie lieb von dir!“ Angel lächelte.

„Ist Miss Stanfred schon eingetroffen?“

Sie schüttelte den Kopf. „Ich erwarte sie eigentlich täglich. Ich habe ihr bereits geschrieben und sie gebeten, meine Brautjungfer zu werden, und …“

Simon lachte. „Angel, für solche Pläne haben wir noch neun Monate lang Zeit!“

Sie zuckte mit den Schultern. „Ich weiß, aber wenn ich etwas tun kann, kommt mir die Zeit nicht mehr so endlos vor.“

„Ich verstehe dich. Ich dachte schon einmal daran, James zu fragen …“

„Lady Angelique.“

Simon verstummte, und Angel drehte sich um. Vor ihr stand der Marquis of Abbonley. Er war ganz in Schwarz gekleidet, nur sein seidener Schal, in dem eine herrliche Smaragdnadel von der Farbe seiner Augen steckte, war weiß.

„Mylord …“ Angel knickste leicht und wunderte sich gleichzeitig, warum er sie so ansah, als sei er zornig auf sie.

„Ich hatte gehofft, auf Ihrer Tanzkarte wäre noch ein Platz frei für mich“, meinte er kühl. „Unter den gegebenen Umständen ist es sicher gut, wenn wir uns besser kennenlernen.“

Sie warf einen Blick auf ihre Karte. Zwei Tänze waren noch offen, trotzdem haderte sie mit sich, ob sie ihm das verraten sollte oder nicht. Er war ganz offensichtlich verärgert, obwohl sie nicht wusste, weshalb. Jetzt beobachtete er sie, so als rechnete er fest mit einer Absage.

„Ich habe noch eine Quadrille und einen Walzer frei“, forderte sie ihn heraus. „Sie dürfen es sich aussuchen.“

Ein flüchtiger Ausdruck von Überraschung trat in seinen Blick. „Dann wähle ich den Walzer.“ Mit einer leichten Verbeugung zog er sich zurück.

Im selben Moment wurde der Ball mit einer Quadrille eröffnet, und Simon führte sie auf die Tanzfläche. Der Marquis von Abbonley lehnte an einer Säule und ließ sie nicht aus den Augen, und wieder fragte sie sich, was sie nur verbrochen haben mochte. Doch dann merkte sie, wie Simon ihr freundlich zulächelte, und sie gab sich einen Ruck. Was immer James Faring auch denken mochte – es ging sie nichts an.