Interview Susanne Keil im Interview zu ihrem neuen E-Book

Was bedeutet für dich dein Buch Wie der Teufel und das Weihwasser?

Das klingt jetzt kitschig, aber es bedeutet tatsächlich die Erfüllung eines Kindheitstraumes. Schreiben ist das, was ich schon immer machen wollte und dieses Buch ist es, das den Bann gebrochen hat. Andere werden ihm folgen, aber dieses wird immer das Erste bleiben.

 

Wie lange hast du an deinem Buch gearbeitet?

Laaaange. Mehrere Jahre.
Das liegt nicht nur am Umfang allein, sondern auch daran, dass bereits im Vorfeld einiges an Recherchearbeit anfiel. Die größte Herausforderung aber war, Hadelindes Stimme zu finden, dem Lebensgefühl einer Frau in ihrer Zeit auf die Spur zu kommen und aus diesem so überhaupt nicht emanzipierten weiblichen Wesen eben doch das zu machen, was man heute eine liebenswerte Chaotin nennen würde.

 

Wie bist du auf die Idee gekommen?

Da gab es viele Anregungen, die sich im Lauf der Zeit angesammelt haben und die dann, vielleicht sogar in einem Urlaub in einem mittelalterlichen Örtchen in Frankreich, zu einer ersten Grundstory verschmolzen.
Rittergeschichten mochte ich schon immer, natürlich auch der Pferde wegen, und von allen Rittern ist ja wohl der schwarze Ritter immer noch der Faszinierendste. Aber warum eigentlich muss er immer durch und durch böse sein und womöglich noch dazu ein hässlicher Typ? Wäre es nicht viel spannender, wenn er ein Typ Mann ist, der eine Frau aus den Schuhen haut und im Grunde seines Herzen nichts anderes als ein tragischer Held?
Wen ich in Rittergeschichten nie besonders mochte, waren die schönen Damen, die auf der Tribüne saßen und zusahen, wie die Männer sich ihretwegen gegenseitig ausstachen.
Es mag zwar ein alter Hut sein, seine weibliche Hauptfigur in die Verkleidung eines jungen Mannes zu stecken, um sie möglichst nahe an den schwarzen Ritter heranzubringen, dennoch ist und bleibt es die actionreichste Lösung. Und wenn der Ritter dann noch alle Frauen hasst, gerade weil er wegen einer dieser zickigen Tribünenschönheiten einen schwerwiegenden Fehler gemacht hat, sind Komplikationen vorprogrammiert …

 

Worum geht es in deinem Buch?

Letztlich geht es um eine Frau und einen Mann, die sich der Frage gegenüber sehen: Können Männer und Frauen Freunde sein?
Ja, ganz richtig, das ist die Frage aus Wie der Teufel und das Weihwasser. Allerdings agieren Jérôme und Hadelinde unter erschwerten Bedingungen, dadurch dass sie im Mittelalter leben.
Wie die beiden es trotzdem schaffen, die tiefe Kluft zwischen Männern und Frauen zu überwinden und wie sie ihre ganz persönliche Lösung für das Dilemma zwischen Freundschaft und Liebe finden? Nun, das steht in meinem Buch.

 

Hast du weitere Projekte?

Ja, aber über die wird vorerst nichts verraten. ;D

 

Welche Projekte planst du für die Zukunft?

Ich plane vor allem eines: weitere Romane zu schreiben, weil ich ohne das Schreiben einfach nicht mehr existieren kann. Was meine nächsten Themen anbelangt, ‚plane‘ ich, mich ein bisschen von mir selbst überraschen zu lassen, was mich als nächstes interessieren wird.

 

Was liest du selbst gerne?

Unabhängig von einem bestimmten Genre lese ich gern Bücher, die mich mitreißen. Meist ist es an einer ganz bestimmten Figur festgemacht, ich bin eindeutig jemand, der einen klaren Sympathieträger braucht. Das muss keine Figur sein, mit der ich mich identifizieren kann, sie muss beileibe nicht unbedingt „gut“ sein, sie darf auch nur eine Nebenrolle spielen, aber diese eine Figur muss so angelegt sein, dass ich an ihrem Schicksal unbedingt Anteil nehmen will.
Ganz besonders mag ich Bücher, die in der ersten Person geschrieben sind – wenig verwunderlich also, dass ich auch am liebsten in dieser Form schreibe.
Ein Erzähler oder auch eine Erzählerin, der die Ereignisse angeblich miterlebt hat und nun nacherzählt, verleiht ihnen die wunderbare Illusion von „Echtheit“. Selbst wenn dieses „Ich“ sich selbst weit im Hintergrund hält, vermittelt es einem das Gefühl, dass man nicht einfach nur eine Geschichte gelesen hat, sondern dass man jemanden kennen gelernt hat, der sie miterlebt hat.
Zu Recherchezwecken lese ich auch viele Sachbücher und stelle mir vor, wie es meinen Protagonisten in diesem Umfeld ergeht, wie sie darin agieren, wie die Erlebnisse sie prägen. Jérôme de Montdragon erzählt im Roman eigentlich sehr wenig über den ersten Kreuzzug, an dem er als ganz junger Mann teilgenommen hat. Für mich jedoch war er in jedem Geschichtsbuch, in dem es um den ersten Kreuzzug ging, mit dabei und das hat ihm einiges an Charakter verliehen.
Außerdem lese ich mit großer Begeisterung Bücher über das Schreiben. (Wunderbar, dass man endlich Sol Stein wieder gedruckt hat!)

 

Susanne Keil Interview Foto

Wo liest du am liebsten?

Am allerliebsten lese ich natürlich im Urlaub, Südfrankreich, ein hübsches Ferienhäuschen, ringsherum Weinberge, die Zikaden zirpen, in der Ferne glitzert das Meer …
Zu Hause sitze ich zum Lesen am liebsten auf der Couch, an der Stelle, wo sie schön durchgesessen ist und man die Füße hochlegen kann. Lesen kann ich eigentlich überall und in jeder Lebenslage, aber je besser das Buch ist, umso weniger möchte ich dazu irgendwelchen Trubel um mich herum. So kommt es schon einmal vor, dass ich mir das Ende eines Buches, das mir sehr gut gefällt, aufhebe, bis ich wieder zu Hause und ganz allein bin.

 

Wann liest du am liebsten?

Das ist eine schwierige Frage, denn die Zeiten, in denen man sich am besten auf ein Buch konzentrieren kann, sind bei mir in der Regel schon für das Schreiben reserviert.
Ich versuche darum, das Buch, das ich gerade lese, immer dabei zu haben, um Wartezeiten zu nutzen. Da ich sehr schnell lese, können ein volles Wartezimmer beim Arzt oder ein Besuch beim Friseur schon einmal bedeuten, dass ich das Buch danach bis zur Hälfte verschlungen habe.
Generell muss ich jedoch sagen, dass ich heute sehr viel langsamer lese als früher. Gerade Bücher, die mir gut gefallen, teile ich mir richtiggehend in Häppchen ein, um sie besser auf mich wirken zu lassen. Und natürlich auch um mir anzusehen, wie der Autor es eigentlich macht, dass ich, als Leser, mich gerade amüsiert, gespannt, mitleidend, traurig oder in irgendeiner anderen Weise berührt fühle. Manchmal springt ein Lerneffekt dabei heraus, aber immer bedeutet dieses bewusstere Lesen einen größeren Genuss, als ein Buch einfach nur in sich hinein zu schlürfen.

 

Welche anderen Autoren magst du?

Meine Lieblingsautorin im Bereich Liebesgeschichten ist Eva Ibbotson, auch wenn ihre Geschichten auf den ersten Blick ein wenig altbacken wirken. Mir gefallen einfach ihr Stil, in dem immer einen gewisser Grundhumor mitschwingt, ihre präzise Wortwahl und ihre akzentuierten, fast schon gedrängten Szenen, die so die Emotionen so schön auf den Punkt bringen. Ihre Frauengestalten sind immer patent, nie zickig und doch so durch und durch weiblich, ihre Männergestalten sind immer wahre Tausendsassas, aber nie unglaubhaft.
Ich mag die herrlich unperfekten Heldinnen und die turbulenten Handlungen von Sophie Kinsella und Janet Evanovich.
Auch David Safier lese ich gern, er schreibt so locker und witzig, dass einem erst bei genauerer Betrachtung auffällt, wie raffiniert und ausgefeilt seine Dialoge eigentlich sind. Der Anfang seines neuen, ernsten Romans liest sich ebenfalls vielversprechend, auf den bin ich sehr gespannt.
Ich lese auch gern immer wieder die Bücher von Terry Pratchett, der in seiner Scheibenwelt so köstlich die Klischees unserer Welt aufs Korn nimmt und der so viele wunderbare Figuren geschaffen hat, allen voran der geniale TOD.
Bei historischen Romanen mag ich Rebecca Gablé (mein Lieblingsbuch von ihr ist und bleibt Das Lächeln der Fortuna) und Richard Dübell (Die Pforten der Ewigkeit).
Im Bereich Krimi/Thriller habe ich Harlan Coben für mich entdeckt. Mir gefallen seine verwinkelten Plots, sein Schreibstil, sein wohldosierter Einsatz von Blut und Gewalt und seine Protagonisten, an denen man als Leser ganz nah dran ist. Besonders raffiniert finde ich seinen Prolog in Kein Friede den Toten, in dem er etwas tut, was eigentlich gar nicht geht: Er schreibt in der zweiten Person. „Dein Name ist Matt Hunter, du bist zwanzig Jahre alt…“ Das liest sich am Anfang ungewohnt, doch durch diese Erzählweise und durch das, was Matt da passiert als er ein junger Mann von zwanzig Jahren ist, entwickelt sich ein unglaublicher Sog.

 

Was ist dein Lieblingsbuch?

Eine Frage, bei der ich nicht lange nachdenken muss.
Der König auf Camelot von T.H.White: Witzig, spannend, fantastisch gut geschrieben, es regt zum Nachdenken an über die Menschlichkeit und den Krieg, sowohl im Mittelalter als auch in unseren modernen Zeiten. Und es kommt natürlich auch die größte Liebesgeschichte von allen darin vor: Lanzelot und Guinevere, die von Artur immer so nett Lanz und Jenny genannt werden.
Wer es noch nicht kennt: unbedingt lesen!

 

Was reizt dich daran, einen historischen Roman zu schreiben?

Ich schaffe so gerne Helden, ich glaube, das trifft ziemlich gut den Kern.
Wobei ein Ritter für sich genommen ja noch keinen Helden ausmacht. Im Gegenteil, der Mann auf dem hohen Ross, dessen Job es ist, Probleme mit dem Schwert zu lösen, wird genau in dem Moment zum Helden, in dem er vom Pferd steigt, um … Leuten zu helfen, die von ihrem Stand her weit unter ihm stehen, zum Beispiel.
Oder auch in dem Moment, in dem die Autorin so fies ist, ihm sein Schwert wegzunehmen und ihn in den schmerzlichen Teil seiner Heldenreise zu schicken. Oder … Oder … Oder …
Das Mittelalter lässt viel Raum für große und kleine Helden und Heldinnen, denn so eine Heldin kann durchaus auch einmal nur ein altes Mütterchen sein, das an den feindlichen Soldaten vorbeiläuft, um dem niedergeschlagenen Protagonisten die Stirn zu kühlen und ihn wieder zu Bewusstsein kommen zu lassen.

 

Was tust du, wenn du nicht am Schreiben bist?

Was man eben so tun muss, um nicht hinter dem Computer sitzend in Spinnennetze verwebt zu werden und zu verhungern: einkaufen (wobei ich gern mal die Hälfte vergesse oder ins falsche Regal greife, wenn ich in Gedanken woanders bin), kochen (wobei ich tatsächlich schon das Essen versalzen habe, als ich mich in eine neue Geschichte ‚verliebt‘ hatte), bügeln (wobei mir allerdings noch nie etwas verbrannt ist, sondern eher mal gute Ideen kommen).
Spaß beiseite, ich tue natürlich auch noch etwas anderes, als nur zum Computer zu rennen und neue Ideen in die Tastatur zu hämmern. Tatsache ist allerdings: Ich fühle mich am wohlsten, wenn ich das Gefühl habe, dass alles andere doch irgendwie schrecklich unwichtig ist und dass jetzt nur diese Szene zählt, die gerade lebendig werden soll.