Interview Autor Markus Szaszka über seinen neuen Roman

Worum geht es in deinem Buch Mein Freund, die Angst?

In meinem Buch beschreibe ich, wie ich mich im Alleingang aus meiner ausgeprägten Angststörung herausmanövriert habe. Es geht mir in erster Linie darum, Betroffenen, die an einer Angststörung und/oder Panikattacken leiden, einen schnellen und kompakten Zugang zu akut-Tipps zu ermöglichen. Als ich vor ein paar Jahren erkannt hatte, was mein Problem war, hätte ich für ein derartiges Buch alles gegeben. Mein Buch ist nicht als ein Patentrezept zu verstehen, sondern als ein hilfreicher Erfahrungsbericht.

Markus Szaszka Interview Foto winkend

Das Buch ist ein Ratgeber, den du aus eigener Erfahrung heraus verfasst hast. Was hat dich dazu bewegt diese Erlebnisse niederzuschreiben?

Zum einen hatte das Schreiben einen therapeutischen Ursprung. Es hat mir gutgetan, die Gründe für meine Angststörung, meinen Krankheitsverlauf und meine Tricks, mit denen ich meine Panikattacken in den Griff bekam, zu rekapitulieren. Diese „Zusammenfassung der Geschehnisse“ half mir, diese Phase meines Lebens endgültig hinter mir zu lassen. Zum anderen wollte ich mein Wissen, das ich mir über die Jahre angelesen habe, mit meinen Leidensgenossen teilen. In meinen Romanen habe ich dieses Thema ebenfalls verarbeitet und durchwegs positive Reaktionen erhalten, und zwar vor allem auf diejenigen Passagen, die sich mit Angst und Panik auseinandergesetzt haben.

 

Was bedeutet der Satz aus deinem Buch: „The best things in life are on the other side of fear“ – Die besten Dinge im Leben befinden sich auf der anderen Seite der Angst? (Philosoph Will Smith)

Dieser Satz bedeutet, dass jeder so gut wie möglich versuchen sollte, seinen mentalen und physischen Arsch in die Höhe zu hieven und sich aus seiner Komfortzone zu bewegen, um neue Erfahrungen zu sammeln und stetig über sich hinauszuwachsen. Keiner sollte sich blindlings in Gefahren stürzen, aber häufig ist dort, wo die Angst am größten ist, auch das persönliche Wachstumspotential am höchsten. Und das Gefühl, das man hat, nachdem man eine Angst bezwungen hat, ist nicht nur äußerst befriedigend und erhaben, sondern es verändert einen auch, es lässt einen wachsen.

 

Markus Szaszka Interview Foto

Was ist der wertvollste Tipp in deinem Werk?

Ich denke, für Betroffene ist es gut zu wissen, dass Panikattacken keinen körperlichen Schaden hinterlassen können. Sie führen zu keinem Schlaganfall oder Herzstillstand, es fühlt sich nur so an. Ebenfalls kann ein Neurotiker, der eine psychische Störung hat und von seiner Angst und Panik weiß, so gut wie unmöglich psychotisch, sprich wirklich verrückt werden. Das sind Sorgen, die von den meisten Angstpatienten geteilt werden. Des Weiteren enthält mein Buch viele praktische Tipps, die allesamt gut helfen können, aber deren Aufzählung hier zu lange dauern würde.

 

Was waren bei dir die Gründe für Angstattacken? 

Es gab verschiedene, wie bei vielen anderen Betroffenen auch. Es war ein Mix aus negativen Denk- und Verhaltensweisen, der zum Ausbruch meiner Krankheit führte. In erster Linie war mein unbewusster Lebensstil schuld. Ich trank zu viel, rauchte, ernährte mich ungesund et cetera, war mir aber bewusst, dass das schlecht für mich war. Ich ballerte mich pausenlos mit Substanzen, Unterhaltung, anderen Menschen und sonstigem Zeug zu, das mich davon ablenkte, für einen Augenblick in mich zu gehen. Ein weiterer großer Faktor war meine Präpotenz: Ich belog mich ständig selbst und hielt mich für den Größten, obwohl ich es nicht war. Ich gönnte meinen Mitmenschen die Butter auf dem Brot nicht und befand fast alle, auf die ich traf, für dämlich. Ebenfalls fatal war, dass ich in meinem Leben nicht tat, was ich gerne getan hätte. Ich überforderte mich mit schlecht bezahlten Ghostwriter-Jobs, anstatt Romane zu schreiben, und das nur, weil ich mit meinem Selbstwertgefühl zu kämpfen hatte.

 

War es eine Überwindung für dich, öffentlich zu machen, dass dein Leben durch diese Erfahrung geprägt ist?

Nö. Was in der sogenannten Öffentlichkeit passiert, hat bisher wenig bis keinen Einfluss auf mein tatsächliches Leben gehabt. Abgesehen davon, man ist als Mensch doch sowieso für die einen super und für die anderen ein Idiot, komplett egal, was man tut, sagt oder denkt. Irgendwer findet dich immer toll und irgendwer findet dich immer scheiße.

 

Wie lange hast du an dem Buch geschrieben?

 Zwei Monate. Januar und Februar 2019. Ich wusste schon alles, was ich sagen wollte, denn ich hatte es selbst erlebt – deshalb ging es rasch.

 

Wo hast du das Buch geschrieben?

Ein bisschen hier, ein bisschen dort. Ich reise viel, weshalb das keine einfache Frage ist. Die größten Teile entstanden in Berlin, Wien und Krakau – vor allem in Badewannen und in Bars, dort, wo ich mich am wohlsten fühle.

 

Was glaubst du, woher können Panikattacken rühren und kennst du viele Menschen, die darunter leiden?

Panikattacken können sehr viele verschiedene Ursprünge haben. Das ist ein sehr komplexes Feld und meistens resultieren Angststörungen aufgrund einer Kombination mehrerer Aspekten einer Biographie und nicht nur aufgrund eines einzelnen Auslösers. Drogen, mangelndes Selbstwertgefühl, eine unbewusste Lebensführung, Geldprobleme, körperliche Probleme (z.B. Schilddrüsenprobleme), Vereinsamung und und und – das können alles Gründe für Angststörungen und Panikattacken sein. Ich kenne mehrere Personen in meinem Bekanntenkreis, die unter Panikattacken litten oder es noch immer tun. Das ist eine Krankheit, von der sehr viele Menschen betroffen sind. Bei vielen tritt eine Panikattacke nie oder nur einmal im Leben auf, bei rund 10-15 Prozent ist es ein sich wiederholendes Problem.

 

Markus Szaszka Interview Zettel

Was möchtest du den Lesern, die sich für dein Buch interessieren, mit auf den Weg geben?

Wenn du an einer Angststörung und/oder Panikattacken leidest, lass dir gesagt sein, dass du dich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit (relativ) bald wieder so wie früher fühlen wirst, nein, besser! …aber nur, wenn du etwas für deine Genesung tust, denn wir sprechen von einer Erkrankung, die fast ausschließlich von innen besser werden kann und kaum von außen. Du wirst an dieser unschönen Lebensphase wachsen und ein erfahrenerer, ausgeglichenerer und glücklicherer Mensch werden als du es zuvor warst. Woher ich das wissen kann? Ganz einfach, das belegen diverse Studien. Ich weiß, momentan kannst du dir nicht vorstellen, wie es jemals wieder besser werden soll, und das gehört zum Krankheitsbild dazu, aber so schnell wie du in diesen Schlamassel reingeraten bist, so schnell kannst du da auch wieder rauskommen.

 

Was ist der beste Tipp, den du einem Menschen geben kannst, der einen Freund oder Partner hat, der unter Angstattacken leidet?

Bitte glaube deinem/deiner FreundIn oder PartnerIn, wenn er/sie sagt, dass es sich schlimm anfühlt. Das perfide an dieser Erkrankung ist, dass Betroffene äußerlich vollkommen gesund aussehen, aber in ihnen Angst und Panik toben und sie sich deshalb fast in die Hose kacken. Betroffene können während einer Panikattacke ganz normal sprechen, sie wirken vielleicht reserviert, ein bisschen ablehnend oder arrogant, aber hinter ihrer verkrampften Fassade durchleben sie die Hölle auf Erden. Häufig sagen sie nicht, was in ihnen vorgeht, weil sie entweder Angst vor der Meinung der anderen haben oder selbst noch nicht einmal wissen, was ihnen fehlt.