Interview Johannes Maria Stangl im Interview

Worum geht es in deinem Krimi Eiskaltes Blut?

Ich könnte hier den Klappentext einfügen, aber das wäre ein bisschen faul. Gleichzeitig möchte ich potenziellen Lesern nicht zu viel verraten. Es ist eine Zwickmühle. Wenn ich es auf ein einziges Wort herunterbrechen müsste, würde ich sagen, es geht um Rache. Der eine würde es Gerechtigkeit nennen, der andere Sühne. Es kommt immer auf den Blickwinkel an oder auf welcher Seite der Mündung man sich im Moment befindet.

Was macht Dr. Emil Gusenberg und Maryanne Schröder zu so guten Ermittlern?

Gute Frage. Ich denke, ein Vorteil ist, dass beide so verschieden sind in ihrer Art. Somit sind sehr viele Blickwinkel abgedeckt. Gusenberg steht immer etwas über den Dingen. Er ist sehr rational und ab und an etwas zu sehr von sich und seinen Fähigkeiten überzeugt. Maryanne ist da bodenständiger und achtet eher darauf, dass die „Regeln“ eingehalten werden. Dafür langt sie auch einmal hin, wenn es nicht anders geht. Beide verbindet jedoch ihre Hartnäckigkeit, mit der sie sich in ihre Fälle verbeißen.

Fußball, Korruption, Rache. Das alles sind Themen, die du aufgreifst. Wie kamst du auf die Idee für deinen Krimi?

Eines schönen Nachmittags saß ich in der Uni in einem Vortrag über die Physiologie des Dopings. Es war ein sehr interessanter Vortrag, der mich am Ende aber etwas schockierte, als es um Fußball ging. Es wäre so einfach. Es gibt kaum Kontrollen und im allgemeinen Verständnis der Zuschauer ist der Tenor, dass es sich nicht lohnen würde. Talent und Ballgefühl kann man schließlich nicht spritzen. Leider ist das eine Fehleinschätzung und ich bin der Meinung, dass der nächste große Dopingskandal im Millionengeschäft Fußball schon hinter der nächsten Türe lauern kann.

Wie sah deine Recherchearbeit dafür aus?

Im Endeffekt wurde mir in diesem Vortrag alles erzählt, was ich wissen musste. Das Buch hat sich dann von ganz allein geschrieben. Nun gut, das ist eventuell übertrieben. Im Allgemeinen führe ich meine Recherche unter dem Grundsatz „Soviel wie nötig, so wenig wie möglich“ durch. Sonst verstrickt man sich in immer mehr Sachbüchern und YouTube Videos. Zwar ist man am Ende des Tages Experte für die Bärenjagd im Mittelalter und DNA-Tests, aber geschrieben wurde kein einziges Wort. Natürlich war mein naturwissenschaftlicher Hintergrund von Vorteil. Ich habe mich bei der Arbeit gleich sicher gefühlt und wusste von Anfang relativ viel.

Bist du selbst Fußballfan?

Jap. Borussia Dortmund (seit meiner Kindheit) und natürlich habe ich ein Auge auf die Würzburger Kickers, deren Stadion nur ein paar Straßenbahnhaltestellen von meiner Wohnung entfernt ist. Leider ist die Saison 20/21 für beide nicht die beste – bisher.

Wird uns das Ermittlerteam in einem weiteren Fall beglücken?

Das hoffe ich doch. Ich arbeite schon an einem zweiten Manuskript und hoffe darauf, dass ich mich (nach der Veröffentlichung von Eiskaltes Blut) wieder voll und ganz der Arbeit am Text widmen kann. Updates über meine Arbeit gibt es auch regelmäßig auf meinen Instagram und Twitteraccount. Schaut ruhig einmal vorbei.

Hast du literarische Vorbilder?

Die Frage nach literarischen Vorbildern ist schwer. Es gibt eine Reihe von Autoren, die ich für einzelne Aspekte (oder große Teile) ihrer Arbeit bewundere, aber die ich auch kritisiere. Ganz vorne steht Stephen King. Ich schätze seine Art zu erzählen sehr. Ich mag seine Autorenstimme und mir wurde auch schon gesagt, dass gerade meine Kurzgeschichten stilistisch in dieselbe Richtung gehen. Dennoch bin ich der Meinung, dass Stephen King dazu neigt, ein bisschen zu schwafeln, und so mancher Roman könnte ohne Probleme 200 Seiten kürzer sein, ohne schlechter (wahrscheinlich sogar besser) zu sein. Außerdem bewundere ich seinen Mut in der Kreativität. Gerade im Bereich der Kurzprosa. Manche Kurzgeschichten (z.B. Der Rasenmähermann) sind einfach nur unverständlich seltsam für mich. Dennoch hatte er den Mut etwas Neues auszuprobieren. Eine Einstellung, die nicht jeder Autor hat.
Ein zweiter Autor, den ich sehr schätze, ist Walter Moers. Insbesondere für seine Zamonienwerke. Bei jedem Satz, den man in den 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär liest, merkt der Leser, wie viel Spaß es Walter Moers gemacht hat, diese Welt zu formen und zu beschreiben. Dieser Spaß am Schreiben ist es, den jeder Autor haben sollte. Er kann dich durch die harten Zeiten des Zweifels führen. Leider kommt es mir so vor, als hätte Walter Moers diesen Spaß und die Leichtigkeit etwas verloren. Als letztes möchte ich noch G.R.R. Martin erwähnen, den ich für seinen Weltenbau bewundere, der Kritikpunkt des nicht Fertigwerdens liegt hier wohl auf der Hand.

Was tust du, wenn du nicht am Schreiben bist?

Das ist eine einfache Frage. Neben den grundsätzlichen Tätigkeiten des Lebens – arbeiten, essen und schlafen – bin ich bei zwei Podcastprojekten aktiv. Dem Spezialgelagerten Sonderpodcast (ein Podcast über die Drei Fragezeichen) und Magabotato (ein Podcast über Tabletop und Brettspiele. Ja ich bin ein Nerd).

Hast du eine Buchempfehlung für uns?

Buchempfehlungen sind immer so eine Sache. Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Natürlich kann ich die Bücher meiner literarischen Vorbilder empfehlen (aber nicht alle). Das letzte Buch, das ich gelesen habe, war Rote Ernte von Dashiell Hammett. Das Buch ist von 1929 und damit schon ein echter Oldtimer. Es ist einer der ersten Kriminalromane. Ich bin der Meinung, ein Autor sollte die Wurzeln seines Genres kennen – aber ich schweife ab.