Interview Krimi Autorin Caroline Seibt im Gespräch

Worum geht es in deinem Buch Gestohlenes Kind?

Ausgangspunkt ist die Entführung eines Jungen.Zwei Männer verschleppen Jakob und bringen ihn in ein Haus, in dem jede Tür verschlossen und jedes Fenster vergittert ist. Ihm bleibt nicht viel Zeit: Nicht nur sein eigenes, sondern auch das Leben des Menschen, das er am meisten liebt, ist in Gefahr. Jahre später verbrennt sich ein Mann bei lebendigem Leib mitten in Berlin, aber es gibt einige Ungereimtheiten: Das Opfer hatte panische Angst vor Feuer. Vor seinem Tod gab es keinerlei Anzeichen, die erklären könnten, warum er seinem Leben auf so brutale Weise ein Ende setzt. Einer der Ermittler setzt sich über die Anweisungen seines Vorgesetzten hinweg und sucht nach Erklärungen. Die Wahrheit führt ihn nicht nur in menschliche Abgründe, sondern auch in die eigene Vergangenheit. 

Wie kamst du dazu einen Thriller zu schreiben?

 Es fühlt sich an, wie ein inneres Radar das plötzlich anspringt. In einer eigentlich alltäglichen Situation frage ich mich: Was wäre wenn? Was wäre, wenn sich plötzlich die Tür des Transporters neben dir öffnet und zwei Männer dich in den Laderaum werfen?Was wäre, wenn du nachts allein nach Hause gehst und plötzlich Schritte hinter dir hörst? Das Schreiben ist für mich kein normales Hobby. Viel mehr habe ich das Gefühl, ich brauche es als Ventil, um ausgelastet und zufrieden zu sein.

Gestohlenes Kind ist dein erster Roman, wie sah dabei dein Schreibprozess aus?

Am Anfang gibt es zu jeder Geschichte in meinem Kopf nur eine grobe Idee. Ich nehme mir einige Tage Zeit, um die Handlung zu durchdenken. Besonderes Augenmerk lege ich dabei auf die handelnden Personen: Wer sind sie? Was treibt sie an? Das ist wichtig, damit sie nicht wie Papierfiguren wirken, sondern Menschen, mit denen man mitfühlen und -fiebern kann.Beim Schreiben merke ich, das ich auf der richtigen Spur bin, wenn die Geschichte und die Figuren ein Eigenleben entwickeln. Plötzlich bestimme ich nicht mehr, wie es weiter geht, sondern die Geschichte spricht für sich selbst. Es ist ein bittersüßes Gefühl, wenn einer Figur, die man ins Herz geschlossen hat, plötzlich etwas Enttäuschendes tut oder ihr etwas zustößt, was so nicht geplant war. Aber dann weiß ich, dass die Geschichte zu leben beginnt.

Was tust du, um nach dem Schreiben einer so intensiven Story runterzufahren?

Ich bin gern draußen unterwegs. Am liebsten im Wald mit meinem Hund, wo wir keiner Menschenseele begegnen. Dort komme ich am besten zur Ruhe.

 

Gibt es eine Szene im Buch, auf die du besonders stolz bist?

Besonders berührt hat mich Sarahs Geschichte. Ohne vorherige Warnzeichen nimmt sich ihr Mann das Leben. Sie bleibt vollkommen ratlos und verletzt zurück. Die Szenen, in denen sie nach Antworten sucht und der Wahrheit immer näherkommt, haben mich besonders bewegt.

 

Gab es für dich beim Schreiben eine bestimmte Herausforderung?

Eine der größten Herausforderungen ist definitiv die Zeit. Vermutlich kennt das jeder von uns: Wo soll man zwischen Arbeit, Familie, Freunden und Verpflichtungen noch die Zeit für Kreativität finden? Was mir unglaublich geholfen hat, sind Routinen wie zum Beispiel zu bestimmten Zeiten zu schreiben.Ein weiterer Tipp: Unbedingt die kleinen Erfolge feiern! Ich tracke täglich, wie viele Worte ich zu Papier gebracht habe. Es ist unglaublich anspornend zu sehen, wie eine Geschichte von Tag zu Tag wächst, bis schließlich ein fertiges Buch daraus wird.

 

Liest du selbst gerne Thriller und Krimis? Hast du eine Empfehlung für uns?

Seit meiner Kindheit lese ich unglaublich gern. Insbesondere Geschichten, die so spannend sind, dass ich beim Lesen die Zeit vergesse und das Buch erst weglegen kann, wenn meine Augen zufallen.Hier einige Bücher, die mich besonders geprägt haben:

Jo Nesbø– Der Schneemann: Wer skandinavische Krimis mag, kommt an Nesbø nicht mehr vorbei. Harry Hole ist mir als Ermittler ans Herz gewachsen.

Jussi Adler Olsen – Erlösung: Ein Krimi, der mich nicht nur zum Nachdenken, sondern auch zum Lachen gebracht hat. Eine schöne, seltene Mischung.

Cormack McCarthy – Die Straße: Achtung, dieses Buch ist unheimlich düster. Eine postapokalyptische Welt, in der Vater und Sohn ums Überleben kämpfen. Besonders bewegt haben mich die ungeschönte, brutale Nüchternheit der Sprache.

Bernhard Aichner – Der Fund: Eine Supermarktmitarbeiterin findet Koks in einer Bananenkiste. Ungewöhnliche Protagonisten, eine ungewöhnliche Story und ein hohes Erzähltempo.