Interview Sigrun Dahmer im Gespräch zu ihrem neuen Krimi-Roman Mord an der Costa del Sol

Worum geht es in deinem Buch Mord an der Costa del Sol?

In dem Krimi geht es um Sandra König, die als Polizeioberkommissarin in Köln arbeitet. Sandra brennt für ihren Beruf und leidet darunter, als junge Frau nicht so richtig ernst genommen zu werden. Die Teilnahme an einem Austausch-Programm für europäische Polizist*innen in Spanien verschafft ihr dann endlich etwas Respekt. Bald wird sie nach Málaga gerufen. Dort soll sie den Tod eines in den spanischen Bergen verunglückten deutschen Touristen auf Studienreise aufklären. Bei den Ermittlungen wird Sandra dem zwar erfahrenen, aber auch recht eigenbrötlerischen Kommissar Javier Sánchez zugeordnet. Die Zusammenarbeit des ungleichen binationalen Ermittler-Duos gestaltet sich alles andere als einfach. Doch als unmittelbare Gefahr in Verzug ist, raffen sie sich zusammen und beginnen endlich, an einem Strang zu ziehen …

Foto der Autorin im Kiefernwald, einem der Lieblingsplätze der Oberkommissarin in Málaga

Wie hast du die Atmosphäre und das Setting der Costa del Sol in deinem Krimi eingefangen und warum hast du dich für diesen Ort entschieden?

Spanien ist mein großes Sehnsuchtsland. Letztes Jahr hatte ich das große Glück, längere Zeit in Málaga verbringen zu dürfen. Eine wunderbare Stadt mit einer sehr aktiven kulturellen Szene. Als ich bei einer Wanderung durch die spanischen Berge selbst entsetzlich unter Höhenangst gelitten habe, wurde die Idee für dieses Buch geboren. Und auch noch ein anderes autobiografisches Detail hat Eingang in den Krimi gefunden: Ich bin deswegen auf die Idee gekommen, die Figuren auf eine Studienreise zur beruflichen Neuorientierung zu schicken, weil ich als Dozentin selbst Rhetorik-Seminare anbiete.

Foto der Avenida einer Parkanlage in Málaga, in der Javier und Sandra spazieren gehen, Kaffee trinken und über den Fall reden

Kannst du uns etwas über die Hauptcharaktere erzählen und was sie für dich besonders macht?

Ich fange mal mit Sandra an. Sie ist eine starke Frauenfigur, die davon träumt, Respekt für ihr berufliches Engagement zu bekommen. Schon in ihrer Kindheit und Jugend wird ihr älterer Bruder von den Eltern bei seinen Zukunftsplänen unterstützt, während Sandras Traum, Polizistin zu werden, wenig Verständnis entgegengebracht wird. Der Austausch-Aufenthalt in Spanien gehört für Sandra zur besten Zeit ihres Lebens. Das hängt auch damit zusammen, dass sie sich damals auf eine Liebesbeziehung mit ihrem italienischen Kollegen Giancarlo eingelassen hat. Auf Grund dieser positiven Erinnerungen an Spanien lässt Sandra sich nun für eine Weile nach Südspanien abordnen. Dabei unterschätzt sie jedoch, welche Probleme auf sie zukommen. Einerseits ist sie eine kluge und sympathische Frau, andererseits kämpft sie mit ihren eigenen Dämonen und trinkt manchmal eindeutig zu viel Alkohol. Unterstützt wird Sandra von ihrer Kollegin Julia, die ihr von Köln aus bei ihren Recherchen hilft. Allerdings ist Sandra sich nicht sicher, ob Julia wirklich loyal zu ihr hält, als es brenzlig wird.

Javier hat einen gänzlich anderen Charakter. Er ist ein gestandener Mann, sehr erfahren in seinem Beruf. Obwohl ihm die zunehmende Digitalisierung und Globalisierung auf der Arbeit manchmal schon auch ein wenig zu schaffen macht, muss er sich im Job nichts mehr beweisen. In seinem Privatleben läuft es jedoch nicht so rund. Der alleinerziehende Vater kommt nicht mehr an seine erwachsene Tochter Ana heran, die in Madrid studiert. Außerdem versucht er ungeschickt, eine romantische Beziehung mit seiner ehemaligen, mittlerweile geschiedenen Schulfreundin Inma aufzubauen.

 

Welche Recherche-Materialien oder Quellen hast du genutzt, um die polizeiliche Arbeit und Ermittlung in deinem Buch realistisch darzustellen?

Wie ich eben schon kurz angedeutet habe, bin ich nicht nur Autorin, sondern arbeite auch als Rhetoriktrainerin. Als ich dabei war, mein Fachbuch „Kommunikations-Hacks“ zu schreiben, habe ich verschiedene Experten-Interviews geführt. Dazu gehörte das Interview mit einem Polizisten. Dieses Gespräch hat mich tief beeindruckt. Mein Interviewpartner hat mir beispielsweise erzählt, wie schwierig es für junge Polizist*innen ist, das erste Mal Uniform zu tragen und sich als öffentliche Person im Straßenbild zu erkennen zu geben. Nach diesem Interview hatte ich einen anderen Blick auf die Arbeit der Polizei. Davon ist viel in die Charakterisierung von Sandra eingeflossen.

Mittlerweile bin ich auch Mitglied bei den „Mörderischen Schwestern“ und tausche mich mit anderen Krimiautorinnen über fachliche Fragen aus. Über die Strukturen bei der spanischen Polizei habe ich ausgiebig im (spanischsprachigen) Netz recherchiert und hoffe, dass mir da keine größeren Fehler unterlaufen sind. Darüber hinaus nehme ich auch an den Fortbildungen der „Schwestern“ teil und erfahre dadurch so Einiges über den deutschen Polizeialltag.

Foto vom Tatort: Berglandschaft in El Chorro samt Stausee

Was hat dich dazu inspiriert, bei deinem neuesten Buch von deinem üblichen Genre abzuweichen und einen fesselnden Krimi anstatt eines Romans zu schreiben?

Darauf kann ich dir gleich eine dreifache Antwort geben. Der wichtigste Auslöser war das oben schon beschriebene Gespräch mit dem Polizisten. Der zweite Punkt ist, dass ich selbst unheimlich gern Krimis lese. Und drittens habe ich bereits vorher so manch eine Krimi-Kurzgeschichte geschrieben, sodass ich schon lange mit dem Genre vertraut bin.

 

Was macht für dich einen guten Krimi aus und wie hast du versucht, diese Elemente in Mord an der Costa del Sol einzubringen?

Mir gefallen Krimis, in denen es weniger um das Schildern blutiger Taten, als vielmehr um das psychologische Ausloten von Sehnsüchten und individuellen Bedürfnissen geht. Kurz gesagt mag ich vielschichtige Charaktere. Auch der Mord an der Costa del Sol lebt davon zu zeigen, wie die mit inneren Widersprüchen kämpfenden Charaktere von ihren Idealen zu unheilvollen Taten angetrieben werden.

Beim Schreiben von Krimis überlege ich mir übrigens gern ein zentrales Thema, welches sich dann leitmotivisch durch das ganze Buch zieht.

In „Mord an der Costa del Sol“ geht es um das Thema Träume:

  • Die Mitglieder der Reisegruppe fahren zu ihrem Sehnsuchtsland Spanien, um sich ihre Lebensträume zu erfüllen
  • Die deutsche Oberkommissarin Sandra König träumt von einer Beförderung und von Anerkennung in ihrem Job
  • Hinter dem Mord steht ebenfalls der Traum von einem besseren Leben (ich halte das jetzt bewusst so allgemein, um nicht zu viel zu verraten)
Autorin Sigrun Dahmer am Meer

Was hat dich dazu inspiriert, Schriftstellerin zu werden, und wie hat sich deine Liebe zum Schreiben im Laufe der Jahre entwickelt?

Schon als Kind habe ich gern geschrieben und meine arme Familie mit „lustigen Familienzeitschriften“ regelrecht überschüttet. Nach dem Abi war ich in den Staaten und habe dort das Creative Writing kennengelernt. Diese Kurse waren ein Augenöffner für mich! Seitdem habe ich immer kleinere Texte, Kurzgeschichten, journalistische Artikel, Songlyrics usw. geschrieben.

Erst in meinen Vierzigern bin ich das Ganze professioneller angegangen. So habe ich mich dann in Freiburg auch zur lizenzierten Schreibberaterin ausbilden lassen. Während dieser Ausbildung habe ich viel über den Schreibprozess gelernt. Früher habe ich mich zum Beispiel einfach hingesetzt und drauflosgeschrieben, mittlerweile plane ich mehr, arbeite strukturierter und effizienter.

 

Wie sieht deine typische Schreibroutine aus, und gibt es bestimmte Rituale oder Gewohnheiten, die dir helfen, in den Schreibfluss zu kommen?

Ich kenne viele Autorinnen und Autoren, die einen ruhigen Ort und viel Zeit brauchen, bevor sie überhaupt mit ihrem Schreibprojekt loslegen. Bei mir ist das anders. Ich kann überall schreiben und brauche normalerweise keine lange Anlaufphase. Wenn aber doch, dann geht für mich nichts über Erinnerungsfotos, um in den Schreibfluss zu kommen.