Interview Autor Florian Hilleberg im Interview

Worum geht es in deinem Buch Das Erbe von Kincaid Hall?

Es geht um ein traditionsreiches Familienunternehmen, das jahrelang von der verwitweten Morag Kincaid geführt wird, die eines Tages beschließt, in den Ruhestand zu gehen. Obwohl ihre Tochter Shona viel geeigneter als deren Bruder Rowan ist, der lieber den sorglosen Playboy mimt, macht Morag ausgerechnet ihn zum Geschäftsführer. Und dass angeblich nur, weil Shona eine Frau und darüber hinaus auch noch alleinerziehend und homosexuell ist. Sie ist zutiefst getroffen von der Entscheidung ihrer Mutter; und ihr Ex-Mann, Morgan, mit dem sie seit Jahren einen Sorgerechtsstreit um ihre halbwüchsige Tochter Cybill führt, wittert seine Chance, nicht nur an Cybill, sondern auch an das Erbe von Kincaid Hall zu kommen.

Im weitesten Sinne geht es in dem Buch um Vertrauen, Verantwortung und Zusammenhalt, aber auch um die Fähigkeit verzeihen zu können.

 

Wie bist du auf die Idee zu der Geschichte gekommen?

Das habe ich der Agentur Ashera zu verdanken, die mir riet, mich mal aus meiner Komfortzone der Horror- und Science-Fiction-Literatur herauszuwagen. Es wurden gerade solche Stoffe gesucht, und so fragte mich meine Agentin Alisha Bionda, ob ich nicht Lust hätte, mal eine entsprechende Story zu plotten. Ich hatte, und es begann praktisch sofort in mir zu arbeiten. Ich habe schon früh gemerkt, dass ich mit sehr viel Begeisterung Charaktere mit Ecken und Kanten entwerfe und sehr viel Spaß an Konflikten habe (literarisch gesehen). Und da die heile Welt nicht mein Metier ist, stand relativ schnell fest, dass es ein Drama werden würde.

 

Hast du reale Vorlagen für deine Charaktere oder entspringt alles ausnahmslos deiner Fantasie?

Nein, absolut nicht. Die Charaktere, ihre Beziehungen untereinander und die Konflikte entspringen alle meiner Fantasie. Wichtig war für mich die Authentizität der Figuren, abseits von Klischees. Das betrifft in erster Linie die Beziehung zwischen Shona und ihrer Freundin Siobhan.

 

Was macht für dich eine gute Familiensaga aus?

In erster Linie der Generationenkonfikt; daher eignen sich traditionsreiche Familienunternehmen besonders gut. Wenn konservative Wertvorstellungen auf moderne Ansichten oder Visionen stoßen, gibt es schon reichlich Zündstoff. Da braucht es dann meistens nur einen kleinen Funken, um alles in die Luft gehen zu lassen. In diesem Fall ist es Lady Morags Entscheidung ihrem nichtsnutzigen Sohn die Brennerei zu überschreiben.

Ein düsteres Geheimnis ist auch nicht verkehrt. Es gibt wohl kaum eine Familie wo nicht die eine oder andere Leiche im Keller liegt.

 

Wie würdest du die Protagonisten beschreiben?

Lady Morag ist die traditionsbewusste, aber auch willensstarke Matriarchin, die im Prinzip nur das Beste für ihre Familie möchte und daran scheitert, dass ihre konservativen Ansichten mit diesem Ziel kollidieren.

Shona, ihre Tochter, ist selbstbewusst und ehrgeizig. Sie ist ein Workaholic und opfert sich für das Unternehmen regelrecht auf, ohne zu merken, dass sie ihre Tochter, dabei sträflich vernachlässigt. Shona wirkt bisweilen ein wenig kühl und distanziert.

Siobhan McLeary, Shonas Freundin, ist humorvoll, klug, treu und zuverlässig, scheut sich aber auch nicht Shona ins Gewissen zu reden. Sie trägt ihr Herz auf der Zunge und ist sehr gefühlvoll. Sie ist gewissermaßen das Gegenstück zu Shona. Ich muss zugeben, dass mir Siobhan während des Schreibens am meisten ans Herz gewachsen ist.

Cybill, Shonas vierzehnjährige Tochter, ist ein typischer Teenager, die ständig zwischen den Stühlen steht, wobei keiner merkt wie einsam sie sich im Grunde fühlt. Einerseits ist sie der Zankapfel ihrer Eltern, andererseits nimmt sie kaum jemand ernst. Im Gegensatz zu Siobhan, die für Cybill fast wie eine große Schwester ist.

Rowan, Shonas Bruder, ist das schwarze Schaf der Familie. Ein Lebemann und Playboy. Doch er ist auch der einzige männliche Nachkomme der Familie, der von Lady Morag abgöttisch geliebt und in der Kindheit verhätschelt wurde. Daher herrschte zwischen den Geschwistern schon seit jeher eine starke Rivalität.

Annabelle ist wohl der einzige Charakter, bei dem ich mich tatsächlich ein wenig in der Klischeekiste bedient habe. Sie ist das typische It-Girl der Geschichte. Sie ist oberflächlich, naiv und dadurch leicht zu beeinflussen. Allerdings offenbart sie im Verlauf des Romans auch eine verletzliche Seite.

Morgan Baxter, Shonas Ex-Mann und Cybills Vater, ist der Schurke des Romans, wenn man ihn denn so nennen möchte. Seinen wahren Charakter verbirgt er hinter einer charmanten Fassade. Dabei ist er nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht und absolut skrupellos.

 

Wie sieht dein Schreiballtag aus?

Ziemlich geregelt. Da ich vom Schreiben lebe, kann ich es mir nicht leisten, darauf zu warten, bis mich die Muse küsst oder ich Lust verspüre zu schreiben. Es erfordert ein hohes Maß an Disziplin und manchmal, vor allem zu Beginn eines Romans, hakt es bisweilen. Dann gilt es: Augen zu und durch. Ich stehe in der Regel zwischen Halb acht und acht Uhr morgens auf, versorge die Katzen (Füttern, Spielen), mache mir Frühstück und checke die Emails. Meistens fange ich dann um neun herum an zu schreiben (plus/minus eine halbe Stunde). Danach schreibe ich bis zum frühen Nachmittag, mache ein bis zwei Stunden Pause und schreibe Abends weiter, bis ich ein Pensum von 25.000 bis 30.000 Zeichen geschafft habe. Das kann mitunter schon mal bis zehn oder elf Uhr abends dauern. Im Falle von Das Erbe von Kincaid Hall war es anfangs weniger, da das Genre für mich Neuland war und ich die Charaktere erst langsam kennenlernen musste (klingt vielleicht komisch, aber genauso ist es).

 

Was liest du am liebsten?

Ich selbst lese am liebsten Science-Fiction-Romane (STAR TREK & Klassiker), Krimis (Sherlock Holmes) oder Heftromane. Letztere vor allem wegen des geringen Umfangs und weil es Teil meines Berufs ist. Wenn ich für eine Serie schreibe erachte ich es als Selbstverständlichkeit auf dem Laufenden zu bleiben.

Darüber hinaus bin ich ein großer Fan von Comics und Graphic Novels, insbesondere von BATMAN und HARLEY QUINN. Der narrative Handlungsaufbau und die Charaktere begeistern mich immer wieder.

 

Hast du noch eine Buchempfehlung für uns?

Aktuell würde ich die Graphic Novel HARLEEN aus dem Hauses Panini des kroatischen Künstlers Stjepan Šejić empfehlen. Darin geht es um die innere Zerrissenheit der von Selbstzweifeln geplagten Psychiaterin Harleen Quinzel, aus der später Harley Quinn wird.

Darüber hinaus empfehle ich Lieb und teuer von Ilan Stephani, sowie Frankenstein von Mary Shelley. Beides Bücher, die man(n) und frau gelesen haben sollten.