Interview Angelika Lauriel über ihren neuen Cosy Crime-Roman

Worum geht es in deinem Roman Tote Frauen lügen nicht?

Lucy Schober, die Protagonistin meines Romans, hat ein unglückliches Talent, in Mordfälle verwickelt zu werden. Das passiert ihr auch in Tote Frauen lügen nicht, wo sie auf Umwegen mit einem konkreten Fall zu tun hat, den ihr Lebensgefährte KK Frank Kraus lösen muss, und der im Rotlichtmilieu spielt. Dieses Mal ist jedoch nicht nur Lucy allein in Gefahr, sondern auch ihre Kollegin und Freundin Ilina. Bis Lucy endlich kapiert, was genau es mit Ilina und mit dem „Zuhältermord“ auf sich hat, sind die beiden Freundinnen allerdings bereits in große Gefahr geraten. Der Roman erzählt abwechselnd aus Lucys und Franks Sicht, was da so alles geschieht, und am Ende gibt es, wie in einem Krimi nun mal so üblich, einen gelösten Mordfall. ;-) Allerdings, und das liefert Lucy immer noch obendrauf, noch ein spezielles Mehr als das.

  

Wie lange hast du für den Roman gebraucht?

Das ist schwer zu sagen, weil ich selten einen Roman in einem Rutsch schreiben kann, so auch diesen. Die ersten Ideen und der Grundplot zur Geschichte kamen mir bereits vor mehreren Jahren, nachdem ich Bei Tränen Mord und Der Tod steht mir nicht geschrieben hatte, die beide auch noch erhältlich sind. Der dritte Krimi um Lucy und Frank lässt sich aber völlig selbständig lesen; die Geschichten bauen nicht aufeinander auf.
Dann habe ich das Projekt lange liegen lassen und viele andere Romane verwirklicht, bevor dp und ich gemeinsam entschieden haben, Lucy fertig zu entwickeln und zu veröffentlichen. Ich sage immer, für 100 Romanseiten ist ungefähr ein Monat zu rechnen. So wird es wohl unterm Strich auch mit Tote Frauen lügen nicht gewesen sein. Also etwa drei, dreieinhalb Monate.

Angelika Lauriel Interview Foto Polizei

Wie hat die Recherche zu dem Krimi ausgesehen?

Bevor ich überhaupt Krimis angefangen habe zu schreiben, war ich auf der Suche nach allen Arten von Mord-, aber auch natürlichen Todesfällen, die ich für die Lucy-Schober-Krimis verwenden wollte. Es gibt deshalb einen Ordner, in dem ich diese Dinge abgelegt habe. Außerdem habe ich sehr gründlich über Massenmörder recherchiert, weil ich dazu genaue Kenntnisse für einen der Krimis brauchte. Die fließen in jeden weiteren Krimi, den ich schreibe, mit ein. Speziell für Tote Frauen lügen nicht habe ich mich über das Thema Stalking, Trolle und auch Kriminalfälle im sogenannten Rotlichtmilieu informiert. Zum Teil durch Gespräche mit Frauen, die schon einmal gestalkt worden sind, ansonsten über Dokumentationen und Berichte. Zur Polizeiarbeit erhalte ich regelmäßig den Polizei-Newsletter, der mich mit spannenden Informationen versorgt und nicht selten eine neue Idee für ein Buch hervorruft. Außerdem habe ich eine liebe Autorenkollegin, die Kriminalhauptkommissarin ist und mir konkrete Fragen gern beantwortet; Jana Lukaschek. Ansonsten war der Rechercheaufwand für Tote Frauen lügen nicht nicht besonders hoch, da ich die Stadt, in der der Roman spielt, sehr gut kenne. Natürlich kann ich jederzeit hinfahren und örtliche Einzelheiten überprüfen, wenn ich das brauche.

 

Lucy bekommt von einem unbekannten Verehrer Blumen und Geschenke. Natürlich reagiert sie darauf mit Furcht. Was würdest du in ihrer Situation tun?

Ich wäre an ihrer Stelle, genau wie sie, fürchterlich genervt und würde alle um mich herum damit belämmern, dass mir das Angst macht. Ich würde auch versuchen, polizeiliche Hilfe zu bekommen, aber solange es nur Blumen und Mails sind, hat die Polizei da ja leider keine Handhabe. Also bliebe nur, besonders vorsichtig zu sein, alles zu dokumentieren, und versuchen, nicht in Panik auszubrechen. Es gilt das Motto: Don’t feed the troll. Also überhaupt nicht auf Mails oder Geschenke reagieren.
Ich hoffe, dass ich so etwas nie erleben werde, weil es eine Frau schon sehr verunsichern kann.

 

Hast du einen Tipp für diejenigen, die in einer ähnlichen Situation sind?

Alles dokumentieren, damit man nachweisen kann, wann genau es damit angefangen hat, und damit man ggf. auch belegen kann, ob oder dass es eine Steigerung im Verhalten des Stalkers gibt. Ansonsten fürchte ich, dass jeder Fall auf seine eigene Art speziell ist. Ich würde es auf keinen Fall für mich behalten, sondern zur Polizei gehen, um es dort schon mal zur Anzeige zu bringen – auch wenn die sagen: kein Straftatbestand, keine Ermittlungen.

 

Angelika Lauriel Interview Portrait

Was macht für dich einen guten Krimi aus? Muss immer eine Liebesgeschichte dabei sein?

Ich bin nicht die typische Krimileserin, fürchte ich. Weder mag ich es besonders blutig, noch mag ich die klassischen Ermittlerkrimis. Ermittler interessieren mich nicht, sondern die Geschichte selbst interessiert micht. Wer hat getötet, aber vor allem, warum? Indizien, die zur Lösung beitragen, finde ich nur spannend, wenn sie auch etwas über die Persönlichkeit des Täters aufdecken.
Davon abgesehen mag ich es, die Menschen zu begleiten, die durch einen Kriminalfall beeinflusst sind, die also selbst etwas damit zu tun haben. Vielleicht gehen die Krimis, die ich gerne lese (und schreibe) damit also eher in Richtung Thriller (weil ich meine Protagonisten gern in Gefahr bringe), aber dabei soll es humorvoll zugehen. Mord, Bedrohung, Gefahr und die Reaktionen der Menschen darauf, das ist es, was mich interessiert. Das habe ich auch versucht, in den Lucy-Schober-Krimis zu verwirklichen. Und eine chaotische Liebesgeschichte ist für mich das Pünktchen auf dem i.

 

Du schreibst in mehreren Genres. Magst du eins davon besonders? Warum?

Ganz besonders mag ich die Abwechslung. Ich kann mich nicht festlegen, sondern freue mich, wenn ich nach einem Liebesroman auch wieder eine Mordsgeschichte schreiben kann. Humor und ausgearbeitete Charaktere sind mir besonders wichtig. Aber auch der emotional tiefgehende Entwicklungsroman liegt mir. Außerdem schreibe ich sowohl gerne für Erwachsene als auch für Jugendliche. Bei Jugendromanen hat man viel mehr Entwicklungspotenzial, weil die jungen Menschen noch nicht „fertig“ sind. Erwachsene sind das eigentlich auch nie, aber bei Jugendlichen oder sehr jungen Erwachsenen findet vieles „zum ersten Mal“ statt. Das Abnabeln und Selbständigwerden, der erste Job, die erste große Liebe, vielleicht die Entscheidung für eine Lebenspartnerschaft, zum ersten Mal weg von zu Hause usw. usw.

 

Wie sieht dein Arbeitsalltag aus? Schreibst du vom Sofa aus oder sitzt du doch eher vor dem Schreibtisch?

Da ich angefangen habe zu schreiben, als ich drei Kleinkinder hatte und wir eine Wochenendfamilie waren, ging nichts ohne straffe Disziplin. Als Mutter lebt man in permanenter Rufbereitschaft. Man weiß nie, wann man unterbrochen wird, egal, wie wichtig das gerade ist, woran man sitzt. Deshalb ist der einzige Weg, sein Pensum zu erfüllen, es abzuarbeiten. Aufschieben und Prokrastinieren sind da nicht möglich. Diese Jahre haben mich geprägt. Meine Söhne sind jetzt längst aus dem Gröbsten heraus, der Älteste studiert bereits in einer anderen Stadt. Aber seit einigen Jahren arbeite ich mehr als eine halbe Stelle als Förderlehrerin für Deutsch als Zweitsprache. So ist meine Woche unterteilt: Montag, Dienstag, Mittwoch Schule, Donnerstag und Freitag (und oft auch das Wochenende) Schreiben mit allem, was dazu gehört.

Das bringt es mit sich, dass ich persönlich mir früh angewöhnt habe, am Schreibtisch zu schreiben, an einem PC mit großem Bildschirm. Für Arbeiten an anderen Orten habe ich ein Notebook, das mir auch gute Dienste tut. Perfekt sind Schreibklausuren, die ich am liebsten ganz alleine oder mit einer, zwei lieben Kolleginnen an einem ganz anderen Ort nehme. Aber auch da brauche ich einen Raum oder wenigstens eine Ecke für mich, weil ich der Typ Mensch bin, der am besten und schnellsten arbeitet, wenn niemand in der Nähe ist.

Mein Alltag läuft so: 6:00 Uhr aufstehen, Frühstück mit der Familie, kurz nach 7 zur Schule oder noch die Zeitung lesen, danach an den Schreibtisch. Der Haushalt (vier Personen plus Hund) läuft so nebenher, und jeder weiß, wie so ein Haushalt aussieht. Nach dem Familien-Abendessen, das ich in der Regel frisch koche, meide ich den PC, weil meine Augen das nicht mitmachen und ich dann nicht mehr schlafen kann.

 

Angelika Lauriel Interview Foto Saarlouis Vauban Insel

Woher nimmst du deine Inspiration?

Manche meiner Bücher entstehen aus einer Szene heraus, die ich geträumt habe. Manchmal höre ich eine eigenartige Äußerung, die mich zu einer Geschichte inspiriert. Gerade Kurzkrimis schreibe ich oftmals aufgrund eigener Erfahrungen. Ja, ich wurde zu literarischen Morden durch echte Menschen in meinem Leben inspiriert. Das ist eine gute Art, Traumata zu bewältigen, glaube ich. ;-) Bald schreibe ich wieder so einen Kurzkrimi.
Manchmal wird mir aber auch ein Thema oder ein Grundgedanke genannt, und dann kann es passieren, dass mir dazu eine schöne Geschichte einfällt. Sollte die Inspiration mal gar nicht wollen, kenne ich auch noch Übungen zum Freien Schreiben, die fast todsicher eine gute Idee für einen Plot mit sich bringen.

 

Woran schreibst du momentan?

Ich bin noch in der Endbearbeitungsphase zweier Buchprojekte, danach muss ich mich entscheiden, ob ich einen Cosy Mystic Thrill, einen Liebesroman oder einen weiteren Cosy Crime schreibe. Die Ideen dazu sind bereits da, und zwei dieser drei Projekte sind auch schon begonnen. Ach ja, und der Kurzkrimi, in dem ich dringend noch jemanden um die Ecke bringen muss … ;-)

 

Hast du einen Buchtipp für uns?

Ich beschränke mich auf zwei Namen: Nina George und Markus Zusak. Von beiden sind gerade neue Bücher auf dem Markt oder kommen bald. Lesen!