Autor Gero Pfeiffer im Interview

Autor Gero Pfeiffer redet im Interview über seinen neuen Thriller Das letzte Spiel.

Worum geht es in deinem Buch Das letzte Spiel?

Die Handlung kreist um den erfolgreichen Rechtsanwalt Philipp Wendelstein, der in der beschaulichen Kleinstadt Bad Grünau wohnt und in der benachbarten Großstadt arbeitet. Philipp ist latent unzufrieden mit seinem Leben, tut sich aber schwer, daran etwas zu ändern. Eines Abends macht er beim Joggen eine sonderbare Entdeckung: Auf einer abgelegenen Waldlichtung stößt er auf einen versteckten Schachplatz. Ein in den Boden eingelassenes Schachspiel aus moosbewachsenen Steinplatten und verwitterten Figuren, die zu einer unfertigen Partie angeordnet sind. Aus einem Impuls heraus bewegt er eine der Figuren und lässt sich damit auf ein Spiel ein, das bald schon sein ganzes Leben auf den Kopf stellen wird. Zur gleichen Zeit setzt in Bad Grünau eine rätselhafte Mordserie ein. Erst allmählich erkennt er die Zusammenhänge zwischen dem Schachspiel und den Bluttaten, die sich immer gegen Personen seines persönlichen Umfelds richten. Philipp will sich dem unheimlichen Gegner nicht kampflos preisgeben. Und das ist der Beginn eines Wettlaufs mit dem Bösen, der ihn all seine Kraft kostet.

Welche tiefere Bedeutung hat das Schachspiel in deinem Thriller?

Im Roman ist das rätselhafte Schachspiel sowohl der Motor als auch der Spiegel der Handlung. Es ist das emotionale Zentrum, das maßgeblich für Philipps psychischen Verfall verantwortlich ist. Trotzdem ist Das letzte Spiel definitiv kein Schachroman und kann selbstverständlich auch ohne jede Kenntnis der Regeln gelesen werden. Für Schachbegeisterte bietet der Thriller allerdings einen besonderen Aspekt. Denn das Spiel zwischen Philipp und dem unbekannten Gegner beruht auf einer realen Schachpartie, die man – wenn man aufpasst – rekonstruieren könnte.

Spielst du in deiner Freizeit gerne Schach und würdest du behaupten, das Spiel gut zu beherrschen?

Ich spiele selbst ein wenig Schach, würde mich aber eher als Gelegenheitsspieler bezeichnen. Trotzdem reizt mich die strategische Herausforderung dieses Spiels. Du musst immer mehrere Züge im Voraus bedenken und begegnest dennoch ständig unvorhergesehenen Entwicklungen. Das ist für einen Thrillerautor ein gutes Training.

Was hat dich zu dieser fesselnden Geschichte inspiriert?

Es gibt in einem Song von Joshua Kadison eine Stelle, nach der wir alle Figuren in unserem eigenen Spiel sind. Der Gedanke gefällt mir. Es gibt Könige und Königinnen, Springer, Läufer, Türme, Bauern. Mit etwas Fantasie lässt sich doch (fast) jeder Mensch in eine dieser Kategorien einordnen. Und damit bekommt das Schachspiel mit seiner ständigen Bewegung und den laufend wechselnden Konstellationen etwas erstaunlich Reales. Die Idee, eine solche Schachpartie zum Aufhänger einer Mordserie zu machen, hat mich schon immer gereizt. Die meisten Mordserien in Literatur und Film folgen festgelegten Schemata (die sieben Todsünden, das Gedicht von den „zehn kleinen Negerlein“ usw.). Das Schachspiel als Grundlage einer Serie gibt dagegen mehr Raum für Dynamik, weil es sich komplex entwickeln kann. Und außerdem birgt es die Chance, das Spiel am Ende vielleicht doch zu gewinnen.

Beschreibe deinen Protagonisten mit drei Wörtern:

Gefangen im Zwiespalt.

Philipp ist, wie du, Rechtsanwalt in einer Wirtschaftskanzlei. Wie viel von deinem eigenen Beruf ist in den Roman eingeflossen?

Das ist schwer zu sagen. Philipps Job steht nicht im Mittelpunkt der Geschichte, er ist aber Anlass für bestimmte Verhaltensweisen. Im Roman leidet Philipp unter den Strapazen eines sehr fordernden Berufs und denkt über Alternativen nach. Ich selbst bin gerne Wirtschaftsanwalt und kann mich für meine Tätigkeit begeistern. Aber ich kann auch sehr gut nachvollziehen, dass es Charaktere gibt, die daran förmlich zerbrechen. Bei Philipp scheint dies der Fall zu sein, und vielleicht ist das der Grund, warum ausgerechnet er in die Fänge des teuflischen Spiels gerät.

Das letzte Spiel ist nicht dein einziger Thriller. Woher kommen dir die Einfälle, solche fesselnden Geschichten zu schreiben?

Ich interessiere mich für Menschen und deren Beziehungen untereinander. Hieraus lassen sich die spannendsten Handlungen konstruieren. Wenn man viel mit unterschiedlichen Menschen zu tun hat, kommen die Ideen von ganz alleine. Natürlich muss man meistens etwas hinzudichten, denn – zum Glück – ist das wahre Leben nicht ganz so dramatisch wie eine Thrillerhandlung. Aber es braucht nicht immer überzeichnete Charaktere, exotische Orte oder besonders actiongeladene Szenen. Die menschliche Seele bietet genug Stoff für große Geschichten, die oft fesselnder sind als sensationelle Plots.

Dein Fokus beim Schreiben liegt auf Krimis und Thrillern. Kannst du dir auch vorstellen, in einem anderen Genre zu schreiben?

Ich habe schon einiges an (juristischer) Fachliteratur veröffentlicht, und das ist ein Bereich, in dem ich immer aktiv bleiben will, weil man dadurch – manchmal – ein wenig Einfluss auf die reale Welt nehmen kann. Davon abgesehen kann ich mich für die Erzählung von persönlichen und emotionalen Konstellationen begeistern. Da muss nicht immer gleich ein Mord passieren. Besonders spannend finde ich die Geschichten von Alice Munro und Bernhard Schlink. Etwas in dieser Richtung kann ich mir tatsächlich gut vorstellen.

Arbeitest du schon an einem neuen Projekt? Kannst du uns darüber etwas verraten?

Vorerst bleibe ich dem Genre Psychothriller treu. Auch der nächste Roman wird in einer Kleinstadt spielen. Diesmal soll ein junger Arzt im Mittelpunkt stehen, dessen glückliche, heile Welt Stück für Stück auf unerklärliche Weise zusammenbricht. Auch hier wird es wieder jede Menge Tote geben und einen Protagonisten, der ganz ohne sein Zutun in einen Albtraum gerät.

Hast du neben dem Schreiben noch andere Leidenschaften, die du mit uns teilen möchtest?

Ich bin sehr gerne in der Natur (vor allem im Wald), weil ich dort am besten abschalten und nachdenken kann. Die meisten Ideen kommen mir beim Fahrradfahren oder Wandern. Trotzdem bin ich kein Einsiedler, sondern liebe es, mich mit Menschen zu treffen, um gute Gespräche zu führen. Und natürlich lese ich sehr viel – soweit es die Zeit zulässt. Daneben ist die Musik eine große Leidenschaft von mir. Ich spiele Klavier und gehe oft in Konzerte und die Oper.

Wie sieht dein Autoren-Alltag aus?

Da ich wochentags oft erst spät nachhause komme, verlagert sich das Schreiben auf den Abend, die Nacht und das Wochenende, was manchmal anstrengend sein kann. Aber auch daran gewöhnt man sich. Ich gehöre nicht zu den Autoren, die zu festen Zeiten ein festgelegtes Pensum bewältigen. Ich brauche meine Inspirationsmomente. Das kann dazu führen, dass ich wochenlang nichts zu Papier bringe, aber auch mal zwei Nächte durcharbeite, wenn es gerade läuft.